60 Tage unterwegs - über 2400 Kilometer zurückgelegt

Ein weiterer Regentag lädt uns zum chillen ein und schenkt uns Zeit, um die vielen Eindrücke zu verdauen, die Muskeln wieder aufzudehnen und um zu bloggen.

 

Erst waren wir ja etwas skeptisch diesen Reiseblog zu führen, mittlerweile ist es jedoch eine angenehme Aufgabe geworden. Es ist schön euch auf diese Art auf unsere Reise mitzunehmen und wir sind stets gespannt auf eure Kommentare. Es freut uns, wenn's euch freut :) und wir sind begeistert über die interessierte Leserschaft.

Die Küste Kroatiens liegt nun bereits hinter uns. Nachdem wir uns durchgerungen hatten mit all den vielen Touristen das Unesco Welterbe zu bestauen, fuhren wir weiter nach Bosnien- Herzegovina. Auf einer langweilig geraden Strasse fuhren wir vorbei an Schafhirten und verlassenen Dörfern. Am frühen Abend trafen wir in Bosanski Petrovac ein und sind dort zwei jungen deutschen Studentinnen  -ebenfalls per Rad- begegnet. Sie hatten bereits in Erfahrung gebracht, dass in diesem Dorf nur ein Motel geöffnet hatte. Da sogleich ein Wolkenbruch Regen brachte und der Himmel uns ein gewaltiges Lichtspektakel präsentierte, entschieden wir uns nach ca. 30 Tagen campen, wiedermal auf einem Federbett unter einem stabilen Dach, hinter festen Mauern zu schlafen. Die Besitzer des Motels, ein Familienclan, trauerte gerade um ihren verstorbenen Onkel, daher waren die Restaurants im Dorf, welche sie auch besassen, geschlossen. Gemeinsam mit den deutschen Mädels fanden wir glücklicherweise doch eine kleine Kneipe, welche uns mit Pizza verköstigte.

Am nächsten Morgen beim Kaffee trafen wir noch auf einen deutschen Läufer, der seit 2 Monaten per Flipflops durch die Länder (er wanderte über die Alpen) zieht, mit ähnlichem Ziel wie wir. Gespannt lauschten wir seiner Geschichten über eine nächtliche Begegnung mit einem Bären an einem kleinen Hafen. 

 

Wir fuhren weiter, wieder über die kroatische Grenze nach Knin und übernachteten infolge Regenwetters zwei Nächte in einem billigen Appartement. Wir freuten uns jedoch zu früh, dass wir unsere Klamotten mal per Waschmaschine sauber kriegen, denn die Wäsche stank danach noch mehr und war in dem feuchten Raum nicht trocken zu kriegen. Mit triefenden Nasen warteten wir auf Sonnenschein und befassten uns ein wenig mit den Kriegsgeschichten der Balkanstaaten.

 

Als sich die graue Wolkendecke dann allmählich auflöste, zogen wir weiter, zurück an die Küste. Vom kleinen Fischerdorf Molunat rollten wir nach Montenegro und rasteten zwei Nächte in Stari Bar auf einem idyllischen Camping zwischen Olivenbäumen.

 

Ich fühlte mich wie im Paradies, die Bäume voll von süssem Obst, für welches sich sonst niemand zu interessieren schien. So schlemmte ich frisch gepflückte Feigen, Trauben und Granatäpfel. 

 

Nun sind wir in Albanien und die Luft hier ist getränkt von Schwermütigkeit. Während uns in Bosnien eine Art Ohnmacht entgegenschlug, welche Frust erzeugt und dadurch scheinbar jegliches produktive Handeln im Keime erstickt und die Menschen blockiert. Vermutlich sind das die Nachwehen der langwierigen Auseinandersetzungen in diesen Ländern, welche ein Opferbewusstsein prägen das sich auf die äusseren Umstände abstützt und dadurch die Handlungsunfähigkeit begründet. Trotz fruchtbaren Böden wird nichts gedeihen können, solange das Klima ungünstig ist. 

Was leben wir doch in einer seltsamen Welt! in der nur wenige Menschen die Macht nutzen, über welche sie verfügen und sich dadurch anderer bemächtigen anstelle sie zu ermächtigen.

Wir ruinieren die Basis unserer Existenz indem wir die Erde zumüllen und die Ressourcen ausbeuten und wundern uns, warum unsere Wurzeln nicht gedeihen, sondern nur die Parasiten, welche von den Bedingungen profitieren.  

Selbstverantwortung, Mitverantwortung, Achtung, Respekt, Rücksicht und Vorsicht erhalten in diesem Zusammenhang enorme Bedeutung.

 

Die Uhrzeit ist uns längst fremd geworden, Stunden, Minuten sind plötzlich sinnlose Begriffe, Wochentage sind abstrakte Namen, erinnern uns an den menschlichen Wunsch nach Orientierung und Struktur. 

 

Plötzlich erhält der Himmel unsere volle Aufmerksamkeit, jegliche Veränderung wird beobachtet und interpretiert, Wolkenbilder gedeutet und Wetterprognosen erstellt, -meist sind sie zuverlässiger als die konsultierten Wetterapps- er schenkt uns Orientierung, die Sonne prägt unseren Rhytmus von Wachsein und Schlafen, Aktivität oder Ruhe, der Rückenwind ist uns ein willkommener Begleiter, der Gegenwind wird zum Feind, dient als Projektionsfläche für den Frust, wenn die Muskeln längst übersäuert sind und noch immer der selbe Meilenstein zu sehen ist.

Nach 4-5 Stunden im Sattel ist es die warme Dusche, welche uns glücklich macht, die warme Suppe, welche uns  Zufriedenheit schenkt und der tiefe Schlaf, welcher unsere Erschöpfung besänftigt.

 

Es sind die Begegnungen mit Menschen, welche unsere Herzen bewegen, ob Freude, Traurigkeit oder Hoffnung in Schwingung kommen, es ist letztendlich Dankbarkeit welche unser Bewusstsein ziert. 

 

Wenn das gesprochene Wort seinen Wert verliert, sind es die Gesten und Gesichtsausdrücke die eine Verbindung herstellen, die scheinbar von Missverständnissen gefeit ist.

 

Das Unterwegssein offenbart plötzlich Fenster, welche hinter schweren Vorhängen verborgen waren und öffnet den Blick für die Dinge die stets da sind, doch keine Beachtung finden. 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 7
  • #1

    Luzia (Freitag, 29 September 2017 11:29)

    Danke für deine/ eure Worte! ist so ein Blogg schreiben nicht auch die Wertschätzung für das was hinter euch liegt nochmals abzuspielen und in Worte zu fassen? und so wie ich es deute, habt ihr einen grossen "Schritt" gemacht Richtung eurern persönlichen Rhythmus im Einklang mit dem Rhythmus der Natur zu erfahren und leben. und in dem Einklang hat das Wesentliche wieder Platz im Bewusstsein :-).
    seit herzlich umarmt (und umramt?! welch wunderbarer Vertipper, beschützt!)
    Luzia

  • #2

    ursula (Freitag, 29 September 2017 21:28)

    Geniesst es. Die Zeiit kommt nicht wieder, Ihr wollt einkaufen ? Alle Geschäfte geschlossen, aha Feiertag- Nein, kein Feiertag, na sowas es ist ein normaler Sonntag. Sind wir froh keine Kinder zu haben die sich auf frisches Brot und Milch freuten. Etwas aus Ceciles Vergangenheit bereits passiert- Ist es nicht genial Zeit, Tage, Monate zu verleben, und der nächste Tag bringt immer etwas Neues? Cecile hat das als Kind auf dem Schiff alles erlebt und möchte es auf dem Landweg nochmals erfahren .Wie cool es ist von einem Tag auf den nächsten zu leben, und was er bringt und alles geplante wieder über den Haufen wirft.
    Geniesst jeden Tag. Im Moment erschein es eine Ewigkeit aber später war es nur eine kurze Zeit im Lebensabschnitt.

  • #3

    Ursula (Freitag, 29 September 2017 21:51)

    Ich wünschte es hätte zu unserer Zeit. So ein Blogg gegeben. Unsere teure gekaufte
    Filmkamera scheiterte auf dem Schiff mangels Strom, und die noch verbliebenen Kassetten waren nach unsere Heimreise 4 Jahren später veraltet und jetzt landeten sie im Müll, aber alles Erlebte bleibt einem im Gedächtnis und das kann niemand mehr nehmen. Alles was ihr erlebt kann euch niemand mehr nehmen. Aus Erfahrung geniesst es jetzt, Ich habe gedacht 20 Jahre später kann man wieder am selben Punkt weitersegeln wie gehabt, und das ohne Kinder an Board, oh wie schön. Leider ist man dann 20 Jahre älter und die Weltumsegelung ein sehr weiter Weg. Der Körper leider auch um 20 Jahre älter.

  • #4

    Eva Mam (Samstag, 30 September 2017 19:24)

    Dobry den, unsere zwei Weltenbummler
    Morgen ist Sonntag, 1. Oktober., Ernte-Dankfest.
    Ihr schreibt soo schön, dass ihr unterwegs Bäume voll süssen Obst, Feigen, Trauben und Granatäpfel pflücken (stehlen??) könnt..!! Eure Mamitschka macht sich schon manchmal Sorgen, ob ihr genug zu Essen, Omega 3, Vitamine bekommt. (Mutter bleibt Mutter, auch wenn die Kinder schon 40 Jahre alt sind!!).

    Wir können uns vorstellen, wie man nach 30 Tagen campen glücklich ist, in einem Motel mit Federbett und stabilen Dach zu übernachten. Kuschelig!
    Wie gerne würde ich für euch eure nasse Wäsche in unserem "Miele" waschen, tumblern, bügeln, zusammenlegen...
    Und einen Zwetsche-Wähe backen und in euren Rucksack schmuggeln. Ja, Ja...
    Schade, dass unser Treffen in Dubrovnik leider nicht geklappt hat.
    Wo wäre der nächste Treffpunkt für ein Pilsner-Bier??
    Bei uns ist jetzt das Oktoberfest "o'zapft"?

    Ihr Lieben, die ganze Familie denkt viel an euch.
    Wir wünschen euch für die nächsten 60 Tage und 2'400 km gute Gesundheit und alle Engeli sollen euch immer begleiten und beschützen.
    Wir haben euch sehr lieb.
    Liebe Grüsse aus Ermatingen
    Eva Mam und Hansito Dad

  • #5

    Ursula (Samstag, 07 Oktober 2017 13:57)

    Liebe Cecile, ich hoffe dass du meine Schreibweise verstehst, du bis mit meiner
    Redewendung aufgewachsen Ich schreibe und verlange das die Lesenden meine Gedankensprünge im Hintergrund mitdenken und mitverfolgen. Mein Traum wieder längere Zeit nicht nachzudenken, nur den nächsten Tag erleben so wie er ist, und was er Neues bringt Gute oder auch schlechte Ueberraschungen erleben. Leider im Moment
    nicht in Sichtnähe. Aber der Winter kommt immer näher wir freuen uns auf Skifahren und ihr über das was als Nächstes kommt. Man kann süchtig werden, nach immer etwas Neuem, das gibt den Antriebe jeden Tag weiter zu radeln. Beneide Euch, vielleicht bringt es dir die 4 1/2 Jahre auf dem Schiff etwas näher. Alles Liebe Euch Zweien.

  • #6

    Stefan und Jermi Schaerer (Sonntag, 08 Oktober 2017 11:14)

    Hallo ihr zwei
    Bin die Freundin von Stefan, welche ihr in Griechenland getroffen habt. Stefan und Jeremi haben von eurer Reise erzählt. Ganz schöne Berichte und Fotos auf eurem Blog! Eine Kollegin von mir ist mit dem Fahrrad von der Schweiz an den Pazifik geradelt und letzten Sommer war sie auf dem Pamir Highway unterwegs. Berichte, Karten, Fotos und Zeichnungen - sie ist "Zeichnerin", Comiczeichnerin von Beruf - sind auf ww.estherangst.ch und www.durchgedreht.ch zum lesen.
    Gute Reise weiterhin und liebe Grüsse Petra

  • #7

    Cécile (Mittwoch, 11 Oktober 2017 18:15)

    Salü Petra
    Huii, wir sind nur leicht neidisch auf die homepage von deiner freundin ;) danke fürs weiterleiten, ist inspirierend! Wir sind erstaunt und natürlich aber auch happy, dass unsere Berichte nicht nur von unseren Muttis gelesen werden :)
    herzliche Grüsse