7 Monate und beinahe 7000 Kilometer gerollt


Eine Touristengasse in Tbilisi
Eine Touristengasse in Tbilisi

Die Luft ist noch frisch, eine kühle Brise zieht durch die alten Gemäuer und hinterlässt verführerische Duftnoten in den Ritzen. Die Straßen sind plötzlich belebt, kunterbuntes Treiben sorgt für eine verheißungsvolle Zukunft und die Köpfe der Menschen werden plötzlich wieder lebendig. 

 

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Endlich, es ist soweit! Es ist unser letzter Tag in Tiflis. Nach über 3 Wochen "herumlungern" werden wir uns wieder auf den Sattel schwingen und Richtung Azerbaidschan fahren. -schade kannst du das innerliche Jubelkonzert nicht hören, es ist grandios ;)-

 

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Udabno bei unserer Ankunft im Nebel
Udabno bei unserer Ankunft im Nebel


Was bisher geschah:

Nachdem wir mit unseren Rucksäcken loswanderten um "the semi-desert" von Georgien zu erkunden und die schneebedeckten Berge zu besuchen, hatte uns alsbald eine starke Erkältung eingeholt und uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Suche nach einem warmen und preiswerten Raum, um uns zu kurieren, erwies sich dann jedoch auch als ausgesprochen abenteuerlich.
-Die Georgier sind eindeutig aus besserem Holz geschnitzt, da sind wir im Vergleich Mimosen und alles andere als beneidenswert! Die feuchte Kälte scheint ihr fröhliches Gemüt kaum zu trüben.-

Bei unserer netten Familie (A-E) in Udabno
Bei unserer netten Familie (A-E) in Udabno

In Udabno strandeten wir in einem unscheinbaren Dorf das nur aus Matschstrassen, Kühen, netten Hunden und leeren Wohnhäusern zu bestehen schien.

Wir fanden dann doch tatsächlich ein Gasthaus! Leider waren die Zimmer ohne Heizung - was uns zum Verhängnis wurde, trotz der warmen Schlafsäcke-
und es gab kein fließend Wasser auf der Toilette-, dafür wurde uns Frühstück und Abendessen in der warmen Stube serviert, in der die ganze Familie beisammen hockte.
Während wir Bohnenmantsch assen ging die Wirtin die Kühe melken. Neben uns sass Mädel A an den Hausaufgaben, daneben war der Fernseher und Omi sah sich ihre Lieblingssendung an, Kleinkind B und C spielten und stritten lauthals daneben, während sich die Mama von Kind A in ihr Cellphone vertiefte. Mädel D musste für uns eingelegtes Sauerkraut im Keller holen und Papa von Kind B kontrollierte Mädel E bei den Rechenaufgaben. Mutter von Mädel E hörte man im Hinterzimmer husten... oh! Und dann kam der Wirt: Es wurde uns der Hauswein mit einem netten, georgischen Trinkspruch gereicht -das Glas hatte er in einem Zug geleert, während wir noch vornehm daran nippten-. So waren wir plötzlich mittendrin im dörflichen Familienleben.

Steppe bei David Gareja
Steppe bei David Gareja

Am nächsten Tag wanderten wir den ganzen Tag über durch eine atemberaubende Steppe, auf der vereinzelt Viehzuchtzelte aufgestellt waren, Schafherden und ihre Hirten starrten uns mit bedeutungslosem Blick hinterher.
Wir kamen an uralten Höhlen vorbei, welche modern ausgebaut und von orthodoxen Priestern bewohnt waren. Diese gewährten uns jedoch keinen Zugang und wollten uns möglichst schnell aus ihrem Blickfeld verschwinden sehen.
So erreichten wir irgendwann die Kirche von David Gareja und genossen die imposante Aussicht nach Azerbaidschan und Georgien.

In Rücksichtnahme auf unseren Gesundheitszustand hatte Percy dann Cécile zur Vernunft gebracht, sodass wir auf eine romantische Outdoornacht verzichteten und auf der Strasse zurück Richtung Udabno wanderten, in der Hoffnung ein Fahrzeug würde uns dann bis ins 60 km entfernte Dorf Sagaredscho mitnehmen. Tatsächlich kam dann nach 2 Stunden, kurz nach Sonnenuntergang, ein Fahrzeug in dieser verlassenen Gegend vorbei, ein Schafhirte in seinem Jeep nahm uns die letzten 5 Kilometer mit bis nach Udabno.
Es war bereits am Eindunkeln und es gab für uns keine Alternative, Percy wollte unbedingt an diesem Abend noch nach Sagaredscho in ein warmes Zimmer mit sauberem Bett.
Die Gasthausleute hatten uns am Morgen den Transportservice angeboten, somit klopften wir etwas verlegen nochmals bei ihnen an und baten um die Fahrt ins nächste Dorf. Nachdem der Wirt fertig gemolken hatte und wir eine weitere Bohnenmatschspeise vertilgt und am heissen Öfeli aufgewärmt hatten, fuhren sie uns spät abends auf der anspruchsvollen Holperstrasse nach Sagaredscho. Dort halfen sie uns sogar noch ne Unterkunft zu finden, die in Betrieb war- das erste angepeilte Guesthouse war geschlossen, hier kennt man die "lowseason"-. Sie fanden für uns dann eine schicke Villa, mit pompösem Entree, Kronläuchtern an der Decke, edlen Holzräumen und fairem Preis. Natürlich staunten die Dörfler ebenso wie wir, sogleich wurden die Kostbarkeiten abgelichtet, -vermutlich um ihrer Familie dann bildhaften Bericht zu erstatten-.

Immerhin hatten wir dann ein Zimmer mit Heizung, die Raumtemperatur liess sich jedoch kaum spürbar erwärmen, da alle anderen Räume im Hause eiskalt und ungeheizt waren. Dick eingepackt (Percy mit Jacke) schliefen wir wieder einmal mehr im Schlafsack ein, in der Hoffnung unseren Schnupfen loszuwerden.

Als wir glaubten wieder fit zu sein, stellten wir uns an die Strasse um nach Sighnagi, der Wiege des guten Weines, zu gelangen. Dummerweise konnten wir auf den Maschutkas (Minibusse) die Zielorte in Georgisch nicht entziffern und warteten eine Ewigkeit bis uns dann ein Fahrer mitnahm. -Die ungeduldige Cécile sehnte sich bereits da schon wieder nach ihrem Stahlpferdchen, die praktische und unabhängige Fortbewegungsmöglichkeit-.

Eingepfercht tuckelten wir dann gegen Osten nach Shignagi oder bzw. in diese Richtung. Wie wir später beim Aussteigen bemerkten, hatte der Fahrer dann auch schon ein Taxi organisiert, welches an der Abzweigung auf uns wartete, um uns den Berg hoch nach Shignagi zu fahren, für einen verwirrend niedrigen Preis.
In Shignaghi angelangt, zeigte er uns dann auch gleich das Guesthouse seiner "Freundin". Nun gut, das sah ganz passabel aus und der Preis schien vernünftig. Als wir zusagten, bat uns die Wirtin um eine Vorauszahlung von 10 Lari, damit sie dem Taxifahrer dessen "Provision" zahlen konnte... tja, da hatten wir dann auch des Rätsels Lösung für den niedrigen Fahrpreis...

Da wir weder ein warmes Zimmer noch Lust hatten die Gegend bei Regen zu besichtigen, und selbst der zum Frühstück servierte "Chacha" (Grappa aus Trauben) unsere Erkältung nicht heilte, entschieden wir uns für den Rückzug nach Tiflis.


Dort quartierten wir uns erneut im symphatischen Like Hostel bei Christina und Pavel ein, welche unsere Stahlpferdchen horteten.

Danach bezogen wir ein Appartement in der Altstadt und Hans und Eva (Percy's Eltern) kamen zu Besuch, schwer beladen mit Schokolade, tollen Präsentli für uns und die Stahlpferdchen sowie Geschichten aus der Heimat.


Grenzüberschreitungen - So einfach kann es sein!

"It's so easy! No problem for you, even with bycicles!" hiess es bei der iranischen Botschaft in Tbilisi.  -"Cool!"


Die fleissige Cécile hatte dann auch gleich die beiden electronic Visaformulare für den Iran ausgefüllt und die Referenznummern wurden uns im Handumdrehen zugestellt. Nach fünf Tagen seien sie überprüft und man könne zur Botschaft um die Visastempel zu erhalten.

Tja, so einfach und doch so schwer.... denn mir war nähmlich wiedereinmal ein schrecklicher und unglaublich peinlicher Fehler unterlaufen.... bei Percy's Formular stand am Schluss als Beantragungsort Islamabad in Pakistan drauf anstelle von Tbilisi, Giorgia, OHWEIA! Ja, shit happens, kann man da laut sagen...Haha!

Ja, jedenfalls hat Cécile gelernt, dass sie mit etwas Anstrengung jeden Fehler irgendwie ausbügeln kann.
Nur leider nicht in diesem Fall. Ach, es wäre so einfach gewesen!
Mittlerweile habe ich nähmlich das Iranvisum erhalten, sogar für eine Aufenthaltsdauer von zwei Monaten, während wir mit Telefonieren und Botschaftsgängen, um den Fehler auszubügeln, einfach gegen eiserne Wände prallten.
Auf der offiziellen Evisa-Homepage gibt es vier Nummern und eine Mailadresse die als Hilfsdienste angeboten werden.

Sogleich, als wir den Fehler entdeckten, wurden alle möglichen Massnahmen ergriffen. Beim ersten Telefonat wurde ich darauf verwiesen mich in der Botschaft in Tbilisi zu melden, da sie nichts ausrichten könnten.
In Tbilisi wies man uns dann an, in Islamabad anzurufen, sie hätten keinen Zugriff auf das Onlineformular. -man kann das Ende der Leier schon erahnen oder?-

Die Botschaften sind echt schwer zu erreichen! Wir verbrachten ganze Vormittage damit um endlich einen Menschen am Telefon zu haben, der uns Auskunft geben konnte.

Die Mails wurden übrigens nie beantwortet, man hat keine Chance irgendwie an Infos ranzukommen. Was für ein elender Zustand! Es bleibt dann nur die Hoffnung und das Abwarten, echt ätzend! Es wird einem kein Fehler verziehen.

Als wir dann endlich in Islamabad einen Ansprechspartner gefunden hatten, wies er uns an, dass Percy auf die Botschaft in Tbilisi gehen muss und dieser Botschafter dort dann der Botschaft in Islamabad anrufen müsse, da sie Percy ja nicht kennen würden. Aber der Islamabad-Botschafter wollte uns seinen Namen nicht bekannt geben.
"They know the process, it's so easy, Mr. Weibel" hiess es stattdessen.

Jedenfalls hatte Percy dann auf der Botschaft in Tbilisi kein Glück, denn der Botschafter dort konnte Islamabad (Zeitverschiebung) nicht erreichen und hatte kein Interesse etwas zu tun. "It's your passport, you have to do it", meinte der gute Herr. Er hatte ja nicht unrecht, aber der Herr aus Islamabad war da anderer Ansicht...

Beim Versuch das Problem in Islamabad zu erklären stiessen wir auf taube Ohren und letztendlich war der Botschafter irgendwie betüpft und hatte einfach die Leitung gekappt, weil Percy meinte es sei "stupid" immer hin- und hergeschickt zu werden.

Als wir dann erneut in der Botschaft Tiflis die Misere erklären wollten, wollte man uns schon gar nicht zuhören, "we don't put our nose in this buisness, please don't call again!" hiess es am anderen Ende der Leitung.
Hmm... tja dann. Die Lust in dieses Land zu reisen war uns etwas vergangen.

Vielleicht haben wir ja dann in Baku mehr Glück und können das Visum erneut beantragen, wenn das aktuelle Formular gelöscht wird. Doch was genau damit passiert und wann genau wissen wir natürlich nicht.

Beim Visumsantrag für Azerbaidschan ging dann alles ganz flott. Kaum hatten wir das Online-Formular ausgefüllt und die Gebühr bezahlt, hatten wir am nächsten Tag das Visa als Mail zugestellt bekommen. Obwohl die E-Visa-Zustellung bis zu drei Arbeitstage dauern könne, klappte es bei uns innert weniger als zwölf Stunden.

Das war einfach! ;)

Stahlpferdchen Service
Stahlpferdchen Service

So haben die Stahlpferdchen nun neue Radmänteli, sind blitzblank geputzt und top "gschniglet".
Nur Cécile musste ihre Hinterbremse entlüften, da diese längst nicht mehr richtig Zug hatte.

Wir sind ready für die nächsten 10'000 km durch das "Reich der Mitte", um den Spuren unserer Ahnen der uralten Geschichte zu folgen, als noch Seide, Papier, Ideen und andere Kostbarkeiten von Ost nach West getragen wurden...

Wir werden durch Azerbaidschan nach Baku fahren und dort erneut Visa-Beantragungsrunden machen. Erhält Percy dort sein Iranvisum, werden wir der Seidenstrasse folgen, durch das einstige Persien, anschliessend durch Turkmenistan flitzen (falls man uns lässt) und von dort nach Usbekistan rollen, dann nach Tadschikistan über den Pamir-Highway strampeln.

Falls jedoch Iran nicht klappt werden wir wohl mit der Fähre von Baku nach Aqtau schippern und dort via Kasachstan nach Usbekistan fahren... mal sehen was uns da noch alles begegnen wird...


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Kommentare: 1
  • #1

    Stahlpferdgypsy (Samstag, 10 März 2018 13:54)

    Juhu Erster! On the road again. 400 Meter vor der Aserbaidschangrenze. ;)