Azerbaijan-Land des Feuers


Our route through Azerbaijan
Our route through Azerbaijan

Es ist der letzte Tag im März, unser Azerbaidschan Visum ist noch 10 Tage gültig und wir befinden uns in der Nähe von Qobustan ca.  230 km von der iranischen Grenze entfernt.

 

Diesmal hat es Percy erwischt:  Er liegt im Schlafsack eingemummelt im Bett eines einfachen Hotelzimmers und kuriert sich aus. Draussen tobt der Wind, heftige Windböen ziehen übers Land und ich habe wiedermal Zeit und Lust zum bloggen...


Wir fuhren durch dünn besiedelte Landschaften über die grüne Flur an Schafherden und kleinen Dörfchen vorbei, besuchten unscheinbare und moderne Städte und kamen immer wieder in den Genuss von herzlichen Gastgebern.

Anfangs begleiteten uns die schneebedeckten Berge am Horizont bis sie von grauen Hügelformationen abgelöst wurden und wir letztendlich die Metropole Baku am kaspischen Meer erreichten.

Es ist ein Land das vieles zu bieten hat. Ausser Gas und Erdöl beherbergt es andere wunderbare Schätze wie herzliche und überaus gastfreundliche, sowie hilfsbereite Menschen und wunderschöne Landschaften geprägt durch die Lehm-Vulkane.


Falls jemand also noch nach einer abwechslungsreichen und noch nicht von europäischen Touristen überfluteten Feriendestination sucht, dem ist Azerbaidschan wärmstens zu empfehlen!


Said and family in Ağstafa
Said and family in Ağstafa

Welcome to Azerbaijan

An der Grenze durchschritten wir als erstes ein riesiges, eisernes Tor und erhielten von einem Beamten einen kleinen Papierschnitzel, darauf war von Hand geschrieben: "Velociped".
Man wies uns dann zu einem Schalter. Dort mussten wir den Schnipsel und die Pässe abgeben und anschliessend auf die Gepäckkontrolle warten. Ein Beamter warf einen flüchtigen Blick in unsere hinteren Satteltaschen und gab uns das Zeichen zur Weiterfahrt. Mit einem "good luck" erhielten wir die Pässe und einen etwas grösseren Papierschnitzel zurück.
Vor dem zweiten eisernen Tor mussten wir die Papierschnitzel wieder an Beamte abgeben und wurden mit einem Lächeln ins Land "entlassen".
Kaum waren wir einen Meter auf azerbaijanischem Terrain gerollt, winkte uns bereits ein Mann mit einem dicken Geldbündel Manat (es ist verboten die Azerbaijanische Währung ins Land ein- oder auszuführen) zu sich, doch wir fuhren an ihm vorbei aus der Befürchtung, dass er uns diese Manat wohl kaum einfach so schenken würde...

Regeln und Pflichten

Als Tourist in Aserbaidschan muss man sich innerhalb der ersten 10 Tage beim Migrationsamt registrieren lassen, selbst wenn man über ein gültiges Visum verfügt.
Falls man dies unterlässt, erwartet einen vermutlich eine saftige Busse.
Im Internet fanden wir dann Berichte, in denen beschrieben wurde, dass jedes Hotel diese Registrierung automatisch veranlassen würde: Alles ganz einfach hiess es.

Somit peilten wir am ersten Tag gleich in Ağstafa ein Hotel an. Unglücklicherweise wollten sie die Registrierung nicht machen und verwiesen uns auf das "Migrationoffice" beim Bazar, das aber war natürlich schon geschlossen.

Wie man vom Joghurtkäufer zu einem Gast wird:
Im Supermarkt wollte Percy dann vom Verkäufer wissen ob "Qatiq" Joghurt sei.
Dieser holte sogleich seinen Nachbarn, der offenbar etwas English sprechen konnte. Doch auch dieser wusste nur zu erklären, dass man den Inhalt "löffeln" kann. Nun gut, das "Qatiq"-es war dann tatsächlich Joghurt- wurde trotzdem gekauft und wir wurden anschliessend zum Tee gebeten, bei Said, dem Nachbarn des Supermarktes. 

Beeing fed with pometgranate
Beeing fed with pometgranate

Said bot sich dann an, uns am nächsten Morgen zum Migrationsamt zu begleiten. Glücklicherweise, denn ohne ihn hätten wir das Gebäude wohl kaum jemals gefunden.

Eine Beamtin mit einem sehr beschränkt englischen Wortschatz hielt dann das Interview für die Registrierung. Es kostete uns 10 Manat, eine Unterschrift auf einem Dokument dessen Inhalt wir nicht lesen konnten und einige Stirnrunzeln.

Wiedereinmal hatten Percy und ich aus dem kargen Gesprächsinhalt unterschiedliche Schlüsse gezogen und wir standen erneut vor einem Rätsel, was nun wohl tatsächlich von uns erwartet werden würde.
Es war uns jedoch klar, dass wir zwingend die Anweisung der Beamtin befolgen und uns in Baku nochmals auf dem Migrationsamt registrieren lassen mussten.

Es war auch sehr irritierend, denn nach bisherigen Kenntnissen glaubten wir, eine einmalige und kostenlose Registrierung reiche aus um unsere Pflicht einzuhalten.
Nun gut, so schien es hier wohl zu funktionieren, "That's Azerbaijan!", sagte man uns ...somit radelten wir weiter.

In Shamaxi versicherte man uns dann, dass der kleine Zettel eine gültige Registrierung sei. Die meisten Unterkünfte würden erst eine Registrierung vornehmen wenn der Aufenthalt dort mindestens drei Tage dauert. Aber niemand konnte uns erklären weshalb wir uns nochmals in Baku registrierten lassen mussten.


Glücklicherweise erreichten wir Baku genau 10 Tage nach der Registrierung in Ağstafa. Der nette Herr von der Rezeption unseres Hostels übernahm dann endlich die Registrierung. Dieser meinte jedoch, dass unsere kleinen Zettel keine gültigen Bestätigungen seien. Für 20 Manat erhielten wir dann von ihm ein angeblich gültiges Dokument welches unsere Registrierung bezeugt. 

Gənjə, der Ort an dem die Geschichte Von Azerbaijan begann

Hier in Gənjə (Gandscha) wurde im Jahre 1918 (nach dem Zusammenbruch des Zarenreiches) die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben. Damals war Gənjə die Hauptstadt des nördlichen Teils Azerbaidschans.

Dank Elchin -er hatte uns gleich bei Ankunft in der Stadt willkommen geheissen- fanden wir das einzige Hostel und quartierten uns dort für einige Tage ein, damit Cécile ihre Migräne und Erkältung auskurieren konnte.

Elchin stellte sich dann als persönlichen "Stadtführer" zur Verfügung und so kamen wir in den Genuss eines tollen Stadtrundgangs mit vielen geschichtlichen Infos und kulturellen Besonderheiten. Percy wurde von ihm dann auch in das Spiel "Nerd" (ähnlich wie Tavla/ Backgammon, nur ganz andere Spielregeln) eingeführt und wir durften das selbstgemachte Gebäck seiner Mutter kosten: Paxlava, Şekerburra und Cigarillos... mmmhhh lecker!
Auch fand Percy wiedermal einen Kumpel um sich das Bayern-Beşiktas Champions-League Spiel anzuschauen.


Şabnams colorful dining table for Novruz
Şabnams colorful dining table for Novruz

Novruz Bayramı


Wir trafen auf ein Land in Feiertagsstimmung: denn am 21. März wurde "Novruz", der wichtigste Feiertag Azerbaijans, gefeiert.

 

In Vorbereitung zu diesem Fest, um den Frühling zu begrüssen, backen die Frauen die traditionellen Süssspeisen wie Paxlava und Şekerburra, -auch hier werden Eier bunt eingefärbt, um dann "Eiertütschis" zu machen-. 

Manche, die es sehr genau nehmen, dekorieren ihren Tisch oder Festtagsaltar auch mit den "Haft Sin", den sieben Zutaten, beginnend mit dem Buchstaben S: Sekke (Münzen),  Sib (Apfel), Somach (Gewürz), 

Sombol (Hyazinten), Sir (Knoblauch), Sabseh (Weizen, Gerste oder ähnliches), und Serke (Essig). 

Wichtig ist insbesondere das Sabanah, ein Teller mit Weizenkeimlingen. 


Dies alles sind Symbole für Tugenden eines guten Lebens (wie Wohlstand, Fröhlichkeit, Fruchtbarkeit etc.) und gute Wünsche fürs Neujahr. (So zumindest habe ich die Erzählungen interpretiert)

 

Zudem wird bereits 4 Wochen vor dem 21.03.,  jeweils jeden Mittwoch, ein Feuer zu Ehren der vier Elemente Wasser, Erde, Luft und Feuer angezündet. -Aber warum genau habe ich letztendlich nicht so genau verstanden, das müsste ich mal noch nachlesen ;)- 

Jedenfalls lodert dann bei jeder Familie im Innenhof ein Feuerchen und es wird darüber gesprungen, um "Altlasten" zu verbrennen und sich gute Vorsätze für das kommende Jahr zu machen. 

 

Der persische Brauch stammt noch aus der Zeit des Zoroastrismus und wurde natürlich mit der Geschichte verändert und angepasst.

 

Ich bin echt fasziniert von diesen praktizierten Ritualen, die den Frühling so begrüssen und die "Wiedergeburt der Natur" so zelebrieren.


Happy Birthday Şabnam!
Happy Birthday Şabnam!

Überwältigende Gastfreundschaft

In Mingəçevir wollten wir eigentlich am See wiedermal das Zelt aufschlagen, doch Şabnam lud uns zu sich nach Hause ein. Sie feierte ihren 24. Geburtstag und verwöhnte uns wie Könige. 

 

Wir waren schlichtwegs überfordert, so viel an Herzlichkeit und Unkompliziertheit, so viel Essen und so wenige Worte die zur Verfügung standen um sich zu verständigen. Auch jeglicher Versuch auf unseren eigenen Schlafmatten zu schlafen scheiterte.
Letztendlich mussten wir in ihrem Bett schlafen, während sie, ihr Bruder und ihr Sohn im Wohnzimmer auf dem Teppich schliefen.

Wir schämten uns so, das war zuviel! Hilflos standen wir da, keine Chance uns da freundlich rauszuschnorren....
als wir am Morgen aufwachten stand dann auch schon ein fürstliches Frühstück bereit.

Phu! Zum Abschied stopfte man uns dann sogar noch Honig, Datteln und die traditionellen Süssspeisen ins Gepäck. Wir hatten keine Chance, diese Gastfreundlichkeit überrollte uns wie ne Flutwelle, machte uns gänzlich platt.
Zumindest konnten wir uns mit einem "Victorinoxsackmesserli" und "Kuhnrikonsuperschäler" erkenntlich zeigen.
Immernoch in Schockstarre fuhren wir dann weiter und wunderten uns... wir haben nie gelernt mit sowas umzugehen!


Zeltspektakel im Hirtenalltag

Nach einem guten Radlertag (113 km), fanden wir ein wunderschönes Plätzchen zum Übernachten mit herrlichem Ausblick auf ein tiefergelegenes Flusstal.


Als wir am Morgen aus dem Zelt krochen begrüsste uns schon 'ne schmatzende Kuh- und Schafherde mit ihren Hirten. Das hätten wir uns ja denken können!


Während wir unter den wachsamen Blicken der Hirten unsere Habseligkeiten zusammenräumten, kochten wir noch Kaffee und Tee. Unsere Zuschauer lehnten den angebotenen Tee ab, kosteten lediglich eine Dattel und machten "Selfies" mit uns.


Platzregen und freudige Ereignisse

Auf den letzten hundert Kilometern vor Baku, wir hatten uns gerade einen Kaffee gekocht, sahen wir in der Ferne auf dem Highway zwei Reiseradler strampeln. Was für eine Freude! Die zwei jungen Franzosen waren ebenfalls schon 7 Monate unterwegs, hatten ihre Reise in Singapur gestartet und waren dann von Dehli nach Baku geflogen. 


Nach einem kurzen "chat" radelten wir weiter und bald hatten uns die grauen Wolken eingeholt. Plitschnass erreichten wir das kleine Dörfchen Cengi und klopften bei einem Bauern an, um vielleicht dort bei ihm unter seinem Scheunendach zu nächtigen.

Glücklicherweise winkte er uns in seine Stube rein, sogleich wurden die Schlafmatten verräumt und das Tischtuch auf dem Boden ausgelegt. Es wurde Tee und Gepäck aufgetischt und mit Händen und Füssen die Geschichten ausgetauscht.

Auf dem Hof lebt der Bauer mit seiner Frau und seinen verheirateten Kindern zusammen. Wie üblich befindet sich ein Plumpsklo draussen neben dem Stall, in einem Raum befindet sich ne einfache Küche und jede "Subfamily" hat einen Raum zum Schlafen und Leben. Dabei war jedoch nur ein Raum mit einem kleinen Ofen ausgestattet, sodass sich vermutlich im Winter alle in diesem Raum bewegen und auch dort gemeinsam  schlafen. Möbel gab es kaum, Teppiche am Boden und Wolldecken an den Wänden dienten der Isolation.

Wie viele Bauern hatte er auch drei Kühe, eine Schafherde und Hühner. Die Kuhmilch verkauft er in Baku, pro Liter erhält er 1 Manat, 0.50 cent, doch wir konnten nicht recht herausfinden wieviel Milch sie täglich melken. 

 

-So wie wir verstanden hatten ca. 3 Liter pro Melchgang, mit drei Kühen die morgens und abends gemolken werden ergibt das ca. 18 Liter. 18 Manat pro Tag... hmm... ne Kanne Tee kostet 2 Manat-

 

Später am Abend ging dann die Jungmannschaft in Ausgang um den "Novruz" zu feiern und wir legten unsere Schlafmatten unter dem Scheunendach aus. Natürlich bat man uns drinnen zu schlafen, doch man akzeptierte unseren Wunsch. 

Mit viel Gelächter wurde dann unser Schlafgemach auch noch von der "Anna" getestet und für gut empfunden, wir hatten  somit ihren Segen für die Nacht.

 

Früh morgens gingen sie dann melken und wir radelten mit glühenden Herzen nach Baku.

 

Es war unglaublich schön einfach so aufgenommen zu werden.


Bakuwoche


Wir erreichten Baku am Donnerstag, genau während der Novruzfeiertage. Das hatten wir dummerweise nicht bedacht, denn die Unterkunftspreise waren natürlich hoch, die meisten günstigen Hostels waren ausgebucht und logischerweise war die iranische Botschaft geschlossen...


Das Wochenende vertrödelten wir dann mit Stadtsightseeing, Klamotten flicken und Percy's Erkältung pflegen.


Nichtsdestotrotz genossen wir die Tage in der Metropole so gut es ging und machten reichlich Bekanntschaften:


So half uns Farid, als wir ratlos nach einem Hostel suchten. Später verbrachten wir mit ihm, seiner schwangeren Frau und seinen Brüdern einen tollen Abend.

Es war echt spannend die Geschichten mit den Lebenskünstlern auszutauschen. Mit dem Fotografen, dem Jazzsänger und dem besten Shisha-Hersteller aus Baku hatten wir viel zu lachen und dazu noch lecker gespiesen. Herzlichen Dank!


****


Vafa hatten wir schon in Shamaki via Telefon kennengelernt, sie wurde als Übersetzerin von ihrem Schwager eingespannt, als wir mit ihm einen Schwatz am Strassenrand hielten. 


Mit ihr bummelten wir dann Tage später durch Baku und erhielten Einblicke, wie die Welt aus den Augen einer jungen Azerbaidschanerin aussieht. Sie zeigte uns nette Cafe's und empfahl uns einen Dönerladen der auch vegetarische Falafel anbot (eine Seltenheit).


****


Dann, per Zufall, trafen wir auf der Strasse Qassem und seine Freunde. Qassem freute sich riesig mit uns etwas Französisch zu sprechen. Mit Müh und Not kramten wir unseren Miniwortschatz aus dem "Hinterstübchen" hervor.


Wir verbrachten mit den tollen Leuten einen netten Abend mit Openair-Konzert und passiv-Shischa-rauchen -für Percy's Lunge natürlich wiedermal Gift, am nächsten Tag lag er dann wieder flach mit etwas Fieber-.

Wir wurden schonmal für unsere "Irantour" vorbereitet und erhielten eine Einladung, um dann in Rasht die Gäste von dem frisch verheirateten Paar Parisa und -...uuups Name entfallen...:( so sorry!- zu sein.


Àpropos iranische Einladungen: Immer wieder lernten wir Iraner kennen und wurden sogleich eingeladen und es wurden Nummern ausgetauscht. Echt tricky da den Überblick zu behalten... und dann erst recht noch sich die komplizierten Namen zu merken...huuiui....



Ausflug zum Lökbatan mud vulcano


Am Mittwoch war es dann soweit, endich hatte Percy sein Iran Visum in der Hand: Olé! Während 60 Tage werden wir durch das Land fahren dürfen,  das heißt wir werden nicht nur der Küste entlang fahren, sondern uns auch Isfahan und vielleicht sogar auch Shiraz "reinziehen".


Zur Feier des Tages wollten wir einen kleinen Ausflug zum nächstgelegenen mud vulcano unternehmen. So fanden wir den richtigen Bus und tuckerlten aus der Stadt.


Im Bus lernten wir Alirza kennen, welcher uns sogleich von seinen grossartigen Plänen erzählte; er werde im Sommer in die USA auswandern, um dort den Vertrieb von "green energy" aufzubauen. Mit seinem Team habe er einen Stromgenerator entwickelt, der ohne externe Ressourcen Öl, Gas oder Wasser funktioniert. Genaueres konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen, denn als er hörte,  dass wir zum Lökbatan wandern wollten,  entschied er sich spontan, seinen Tagesplan zu verwerfen und uns zu begleiten, es spräche dort eben kaum jemand englisch. 

So liefen wir gemeinsam der Strasse entlang, durch eingetrockneten Schlamm an Erdölpumpen vorbei, das Ziel bereits in Sichtweite.  Da kam plötzlich ein Raffineriearbeiter und forderte uns zur Umkehr auf: Für die "Besteigung" benötige man eine Bewilligung und diese erhielte man nur beim entsprechenden Büro. Alirza nahm uns also mit zum besagten Büro, aber der hiesige Verantwortliche wollte uns keine Bewilligung aushändigen,  man hätte wohl in Baku bereits im Voraus eine Bewilligung einholen müssen...

Nun gut,  Percy und ich planten bereits wieder die Rückreise,  als Alirza uns noch zu seinem Freund mitnahm, dem Minister vom Jugend- und Sportamt. Dieser hatte gleich um's Eck sein provisorisches Büro. 

Nachdem Alirza unsere Geschichte erzählt hatte, machte der Herr dann ein paar Telefonate und wenige Minuten später standen wir wieder vor dem grimmigen Verantwortlichen, der uns dann tatsächlich mit seinem Privatauto zum Vulkan fuhr. Natürlich als absolute Ausnahme, denn es sei nur Forschern gestattet und entsprechende Kleidermontur zu tragen sei zwingend, denn der Vulkan sei noch aktiv. 

Oh, es wurde immer spannender! 

Also sassen wir im PW mit Schutzhelmen bewaffnet und rumpelten während 15 Minuten über die Lehmstrasse den kleinen Hügel hoch an Erdölarbeitern vorbei.


Dann durften wir aussteigen und nach ein paar Metern zu Fuss mussten wir stehen bleiben. Vor uns lag ein unspektakulärer grauer Hügel, ein wilder Hase hoppelte in der Ferne davon und ein Schafhirte tummelte sich mit seiner Schafherde in der Nähe von roten Schildern herum. 

Hhmmm... das war also der Vulkan.


Superkonzentriert, um den Lachanfall zu unterbinden, fuhren wir nach 5 Minuten wieder zurück.


Unterdessen hatte Alirza einTreffen mit einer weiteren Bekannten organisiert, welche für die Regierung arbeitet und aktuell vielbeschäftigt mit der Vorbereitung für die Präsidentschaftswahlen ist.


Doch zuvor erhielten wir noch eine Führung durch das Regierungsgebäude und durften die Bildergalerie des ehemaligen Präsidenten Heydər Əlief betrachten. 

Während eine Dame auf azerbaijanisch den Lebenslauf von ihm erläuterte, übersetzte uns Alirza fleissig. Der interessante Geschichtslehrgang wurde dann mit Çay, Sweets und Fotosessions abgeschlossen.

Anschliessend fuhren wir mit Shamana und Alirza zum Markt, denn Shamana brauchte noch frische Zutaten für vegetarische "Göy Qutabi" (eine Art Pfannkuchen gefüllt mit verschiedenen, frischen Kräutern). Nach einem kurzen Tee bei ihrer Schwester ging's dann zu Shamana nach Hause und Cécile durfte bei der Zubereitung etwas mithelfen, während Percy mit der kleinen Kamela und ihrem Bruder ein Geschicklichkeitsspiel spielte.


Was für ein unterhaltsames Spektakel in der Küche!

Während Shamana und ihre Schwester kochten, waren sie permanent mit irgendjemandem am Telefonieren. 


Nachdem wir lecker gespiesen hatten, wollten wir uns mit dem Bus auf den Rückweg begeben, war ja dann doch schon bald 22.00 Uhr.


Shamana fuhr uns dann höchst persönlich noch die 20 km zurück in die Stadt, mit einem kurzen Abstecher zu ihrem Onkel, einem Flüchtling aus Karabach. Vorher wurde natürlich auch noch Alirza's Freundin abgeholt und mit ins Auto gestopft.


Was für ein Tag! Wiedermal staunten wir nur,  Percy legte sich völlig erschlagen von den Ereignissen ins Bett und erneut machte ihm die Erkältung zu schaffen.


Mud vulcano Qobustan
Mud vulcano Qobustan

Muddy Qobustan


Da sich Percy's Gesundheitszustand scheinbar verbesserte, fuhren wir dann doch am nächsten Tag, nach Lökbatan, und weiter zum Qobustan vulcano.


Auf dem Weg trafen wir auf Carry und John, die ähnlich wie wir unterwegs sind.  Aus Schottland raus sind sie bereits 10 Monate mit den Rädern unterwegs. Wir luden sie natürlich auf einen Çay-Schwatz ein und waren überrascht über die Ähnlichkeiten ihres "Unterwegs-seins".


Nachdem wir unterhalb des Vulcanos ein einigermassen windgeschütztes Plätzchen gefunden hatten, richteten wir unser Camp ein.

Doch der Wind drehte alsbald und zerrte wild an unserem Tatonka. Mitten in der Nacht hörten wir ein lautes Krachen: Die Zeltstange war gebrochen und hatte erneut einen ordentlichen Schranz in den "Stangenkanal" gerissen.

Ich war dem Vollmond dankbar für das helle Licht,  damit hatte ich bald die Stange wieder neu zusammengeflickt (glücklicherweise hatten wir noch eine Ersatzröhre) und den Schranz mit Klebeband provisorisch geflickt.


Ps: Wir hatten uns damals in Tiflis kurzzeitig überlegt ob wir neue Stangen fürs Zelt bestellen sollten, doch die waren so teuer, da hätte sich der Kauf eines neuen Zeltes eher gelohnt. Letztendlich hofften wir, dass es schon schief gehen würde, auch ohne neues Zelt...


Es war eine durchaus windige Nacht und vor Sonnenaufgang war es plötzlich mucksmäuschen still.

Unmittelbar bereitete mir der Gedanken an Regen ein ungutes Gefühl,  denn dieser würde nähmlich die Lehmstrasse aufweichen und der Weg zurück auf die Hauptstrasse wäre für uns unpassierbar. 

So packten wir im Dunkeln alles zusammen, während bereits die ersten Regentropfen fielen. Wir kamen gerade noch den Hügel runter,  als dann auf den 4 Kilometern gerader Lehmstrasse der Boden bereits so aufgeweicht war,  dass unsere Stahlpferdchen nur noch Matsch spuckten und bockten und blockten.


Während 2 Stunden kämpften wir uns zurück auf die Strasse, fahren war danach unmöglich, Lehm und Sand verklebte alles, Schaltung, Scheibenbremse, Kette, alles versaut und ich sah aus wie das verschollene Lehmmonster von Qobustan, so ein Schlammassel!


Es regnete, der Tag war längst angebrochen und die Vögel zwitscherten vergnügt. Ich schimpfte innerlich mit mir, dass ich nicht einen besseren Schlafplatz ausgesucht hatte, das Malheur hätte man wiedermal mit etwas Vorausschau verhindern können... aber learning by doing, so macht man's doch, oder?


Glücklicherweise fanden wir wenige Meter entfernt eine "Lavazh" und konnten unsere Räder inklusive mich mit dem Hochdruckreiniger abspritzen.


Der Wind zerrte schon wieder ordentlich und Percy war völlig am Ende seiner Kräfte, es blieb nichts anderes übrig, als dass er sich vollständig erholte und seine Lunge schonte. 


In der nächsten Siedlung fragten wir nach einer Unterkunft, gemäss Karte müsste es dort sogar ein Hotel geben. Das besagte Hotel gab es natürlich nicht, doch ein Fahrer zeigte uns dann den Weg zu einem Hotel, ganz in der Nähe. So ein Zufall!


Da sind wir nun,  mittlerweile hat sich der Wind wieder beruhigt und Percy schläft sich gesund. 


Das Zelt wurde fein säuberlich zusammengenäht und die Zeltstangen sind wieder fix, somit alles wieder einsatzbereit, bis zum nächsten Sturm...


Sofern sich Percy gut erholt, werden wir in einer Woche vermutlich im Iran sein.


Mit grosser Vorfreude blicken wir auf der Landkarte nach Rasht, wo wir unsere neuen iranischen Freunde wieder sehen werden.






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Kommentare: 4
  • #1

    Eva und Hans, Mam und Dad (Sonntag, 01 April 2018 19:31)

    Wow, das war aber ein spannendes Kapitel!
    Wir wünschen euch frohe Ostern und wie gern würden wir euch wieder nachfahren, wie es in Tiflis war.
    Mit neuer Zeltstange, Schockieili, Raclette Käse und Victorinox Messerli für eure Freunde.

    Bleibt uns gesund, wir wünschen euch weiterhin gute Reise.
    Mit Liebe eure Eva-Mam.

  • #2

    Liselotte und Kurt Stockinger, Österreich (Montag, 02 April 2018 16:09)

    Zu Ostern ist der Himmel näher als sonst.
    Denn Ostern ist der perfekte Zeitpunkt,
    um all das zu glauben, was sonst unglaublich erscheint.

    Liebe Cecile, lieber Percy, bei euch ist schon viele Monate lang Ostern, denn ihr schafft wirklich unglaubliches!! Wir haben eure Website nun längere Zeit nicht gefunden, bzw. öffnen können, umso mehr freut es uns, endlich wieder lesen zu können, dass es euch gut geht.
    Erst gestern haben wir wieder einmal unsere Albanienbilder angeschaut und uns gefragt, wie es euch wohl gehen wird auf eurer Reise. Wir wünschen euch weiterhin viel Ausdauer, Gesundheit und viele wohlwollende Begegnungen im Iran.
    Auch wir sind schon wieder im Reisefieber, das WOMO vor der Haustür lockt unaufhörlich. Im Februar haben wir uns in Norwegen einen Traum erfüllt, wir haben eine Woche Lang Nordlichter "gesucht" und tatsächlich gefunden. Ein wunderbares Naturerlebnis.
    Viele liebe Grüße Liselotte und Kurt
    Liebe Grüße

  • #3

    Stahlpferdgypsy (Montag, 02 April 2018 17:39)

    @ weibelmum and dad: wer weiss, vielleicht brauchen wir dann auf dem pamir noch ein paar demogripal... evtl. Gibts da ja auch ein Flughafen ;)

  • #4

    Stahlpferdgypsy (Montag, 02 April 2018 17:46)

    @stockingers:
    Ja maiii, so scheeen von euch zu lesen! Seit ihr wohl auf? Wow! Nordlichter- so fantastisch, da ist man den Wundern dieser Welt tatsächlich sehr nahe!
    Percy hat schon wieder Freudentränen in den Augen beim Gedanken an die Zeit in Albanien...
    Seit herzlich gegrüsst, wir wünschen euch unvergessliche Womo abenteuer :)