Tajikistan


Wir staunen darüber, wie die Zeit an uns vorbei zieht und genauso verwundert blicken wir auf die prächtige Natur, welche uns Tag für Tag vor Augen führt, in welchem Kunstwerk wir leben dürfen. 


 ***


Nachdem wir Samarkand hinter uns ließen, folgten wir dem Fluss Zerafsahn und überquerten die Grenze nach Tajikistan. 



Es war uns nicht ganz geheuer, dass man uns Touristen in der langen Warteschlange bei der Passkontrolle einfach vor ließ. Doch natürlich freuten wir uns über das schnelle Prozedere und ehe wir uns umsehen konnten, waren wir durch die Grenze geschleust worden. Niemand wollte in unsere Taschen spienzeln, mit einem "Enjoy!" wurden wir in das uns unbekannte Land entlassen.

So radelten wir dem fruchtbaren Flusstal entlang. In Panjikent konnten wir sogar wiedermal Geld vom Bankomaten beziehen, was für eine Überraschung! Das Ding funktionierte auf Anhieb, sogleich kauften wir uns wiedermal 'ne Simkarte und besorgten Material für's Abendessen.

Während wir uns im Schatten eines Maulbeerbaums ausruhten, kam plötzlich heftiger Wind auf. Der Himmel verfärbte sich in ein schmutziges Gelb und es schien als würde damit die Luft sichtbar werden. Ein Sandsturm zog übers Land. Ein alter Herr erklärte uns, es gäbe solche Sandstürme nur ein- bis zweimal im Jahr. Wiedermal fühlten wir uns geehrt, diesem Schauspiel beiwohnen zu dürfen. Vermutlich fühlt man sich auf unberechtigte Weise als sei da etwas "Besonderes" in der Luft, so wie damals in den iranischen Wüsten, als wir mehrmals Zeugen von Regenschauer sein durften.

Wir fuhren an Ackerfeldern und Aprikosenplantagen vorbei und die Kinder sammelten sich jeweils am Straßenrand und grüßten uns stets mit einem kichernden "Hello".
Von weit her kamen sie an die Strasse gerannt, pfiffen freudig und streckten stets die Hände aus für ein "give me five".
Während wir im Iran unter den schmerzhaften Folgen des "Winkearms" litten, hatten wir nun alsbald Schwielen an den Händen vom Abklatschen.


Denn man muss wissen, die Tajiken lieben Kinder und deshalb haben sie auch sehr viele davon. Diese stellen sich dann freudig an den Straßenrand um vorbeiziehende Biker jubelnd zu begrüßen. -Was für eine nette Pause von der harten Arbeit auf dem Acker, denn Frau und Kind sind für 'ne gute Ernte zuständig.-
Wo die vielen Männer sind,habe ich noch nicht recht herausgefunden...

Jedenfalls zotteln oft kleine Eselchen dahin, tief vergraben unter schweren Grasballen oder angepeitscht von ihren Herrchen mit dicken Bäuchen. 

Nachmittags entleerten sich regelmäßig die grauen Wolken am Himmel und einmal fanden wir Unterschlupf unter einem Dach von einem leeren Marktstand. Der ganze Platz und die kleinen Hausruinen waren verlassen und wirkten etwas gespenstisch. Trotzdem richteten wir unser Nachtlager dort ein und pünktlich zum Sonnenuntergang waren wir schon tief im Traumland versunken.
Da plötzlich wurden wir von einem blendendem Lichtstrahl aufgeweckt. Es waren zwei nette Herren die uns unbedingt zu sich nach Hause einladen wollten. Es war nicht ganz einfach die Beiden zu überzeugen, dass wir bereits ganz gut "eingebettet" waren. Irgendwann gingen sie dann etwas enttäuscht davon, doch der Eine kam mehrmals in der Nacht vorbei und versicherte sich mit der Taschenlampe, ob bei uns alles noch im Guten lag.
Am frühen Morgen, kaum hatten wir fertig zusammengepackt, stand er auch schon auf der Matte und wünschte uns eine gute Weiterreise. Unserem Wächter zum Dank schenkten wir dann das blaue Auge gegen den bösen Blick, das uns einst in der Türkei geschenkt wurde.

Und während die Sonne ihr gleißendes Licht über das Land legte und den Fluss zu unseren Füßen golden glänzen liess, fuhren wir betört vom Anblick in den neuen Tag hinein. 


Iskanderkul
Iskanderkul

Nach einem zähen Aufstieg fanden wir ein nettes Plätzchen am Iskanderkul, einem See am Rande der Fan Mountains.
Dort installierten wir uns für drei Nächte und genossen die Stille in der Natur, obwohl uns die tausend Fliegen, welche stets an uns klebten, ganz schön auf die Nerven gingen. Glücklicherweise zog gegen Mittag stets ein leichter Wind auf und die Fliegen verzogen sich.

Am ersten Abend konnten wir rechtzeitig das Zelt aufstellen und es reichte gerade noch für eine Katzenwäsche, bevor der Himnel erneut schrecklich weinte.


Es war so schlimm, dass Peter, unser Freund, der mit dem Lada unterwegs war, infolge einer Schlamm-Stein-Lavine im Tunnel stecken blieb.


Glücklicherweise traf am nächsten Tag die "Truppe aus Samarkand" (bestehend aus VW'ler Dominik und Steffi aus Köln, Peter mit Lada aus Dresden sowie Motorcyclists Marisa und Tiago aus Lausanne) wohlbehalten am See ein. 


Bald ward ein ominöses Zeltlager aufgebaut und es wurde ein großes Feuer entfacht und leckeres Essen gekocht.

Wir verbrachten zwei tolle Tage in guter Gesellschaft und genossen den Austausch von Neuentdeckungen.

Nach dem Tunnel
Nach dem Tunnel

Dann zogen wir weiter und ächzend strampelten wir die Berge hoch bis zum sagenumwobenen "Dangerous Tunnel".


Kurz davor musste Cécile jedoch noch ein Nickerchen einlegen und Percy genoss gebratene Eier, -der Arme hatte nur zwei Snickers zum Frühstück- welche ihm von einer Frau in einem bauwagenähnlichen Gebäude zubereitet wurden.Glücklicherweise waren sie diesmal ohne in Öl marinierten Fliegen serviert worden, nicht wie einst in Usbekistan.


Dann, nachdem wir von den Aufpassern vor dem Tunnel überprüft worden waren, ob wir auch ausreichend Licht am Fahrrad hätten und warm gekleidet wären, fuhren wir durch den fünf Kilometer langen Tunnel, der derweil beleuchtet war, jedoch ohne jegliches Belüftungsystem auskommen musste. 


Wir bedeckten unsere Atemwege mit dicken Halstüchern und kamen erstaunlich fix durch den Tunnel. Als wir am anderen Ende herauskamen, begrüßten uns die wunderschönen grünen Berghänge und Percy sah aus als hätte er einen schlechten Beautysalon besucht, denn seine Augen sahen aus als wären sie mit schwarzer Maskara verschmiert.


Die Muskeln waren eigentlich schon längst leergepumpt, doch euphorisch ließen wir uns dann mit dem türkisfarbenen Wildwasserbach hinunter sprudeln und rollten tatsächlich bis Dushanbe. Naja,  dreissig Kilometer vor der Hauptstadt verlor Percy's Hinterrad ganz schön viel Luft und bedurfte einer Reparaturaktion. 

Gestärkt mit einem Glace und ausreichend Luft in den Reifen, ging's dann weiter bis ins green House Hostel. Da trafen wir dann natürlich wieder auf die ganze Truppe vom Iskanderkul.


Nach neun Stunden und über 141 Kilometer machten wir dann endlich Feierabend. 


Nun, heute feiern wir 11 Monate "Unterwegssein" und gleichzeitig verabschieden wir uns von unseren neuen Freunden bei einem Glas Wein.


Morgen ziehen wir weiter nach Kulob, scheinbar soll die Strasse da besser sein. Wir sind gespannt, wie es dann tatsächlich sein wird....

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Kommentare: 3
  • #1

    Eva Mam (Dienstag, 10 Juli 2018 22:07)

    Meine liebe Cecile, mein lieber Percy-John
    Wie gerne lesen wir immer eure ??- d.h. Cecile -ihre Reiseberichte. Auch Percy-John...
    Manchmal muss ich mir ein Tränli verkneifen, wenn ich lese wie ihr euch den Berg raufschindet.
    Wie herrlich wäre es jetzt mit meinem Mounten-Bike. Sofort würde ich euch mit unserem Besenwagen aufladen. Und die bösen, bösen Fliegen die euch plagen...oh nei,
    Wenn wir dann wieder die wunderbaren Natur-Erlebnisse von euch lesen, sind wir ganz begeistert.
    Und viele Freunde habt ihr auch schon kennengelernt.
    Bald seid ihr EIN JAHR UNTERWEGS. HUT AB!!

    Percy-John, ich soll dir einen lieben Gruss von deinem Kanti Lehrer ausrichten. Er hat einen Event organisiert über den Prager Frühling - die 1968 Jahre - der Einmarsch der Russen in Prag.
    Viele Leute haben den Bericht über euch in der TG-Zeitung gelesen und fragen immer wie es euch geht.

    In der Migros Zeitung ist ein Bericht von Andrea Freiermuth- eine radelnde Reporterin. Sie fährt jetzt ab mit dem Bike die gleiche Tour wir ihr und will bis Ende Jahr in Peking sein. www.migrosmagazin.ch.
    Wir denken immer an euch und wünschen euch hauptsächlich, bleibt gesund und geniesst euer Abenteuer.

    Grosse Umarmung, 3x Kisses von der Misses
    Eure Eva Mam und Hansito Dad

  • #2

    Helen Panglao (Samstag, 14 Juli 2018)

    Wow wow das ist ja gewaltig. Ich vermisse ein kleines Foto von der grossen Moschee in Samarkand und hattet Ihr die Moeglichkeit das Farbspiel und Musikauffuehrung mitzuerleben. Macht weiter so um noch recht viel Neues zu erleben und natuerlich viel Kraft und Ausdauer wuensche ich Euch beiden weiterhin. Helen

  • #3

    Ernst (Montag, 16 Juli 2018 07:17)

    Liebe Cécile
    Eure Reise bringt mich zum Staunen und Träumen. Immer wieder schaue ich auf Google earth wohin ihr radelt, immer weiter und weiter - unglaublich. Ich danke Euch von Herzen, dass ihr mich mit dem Blog an Eurem Abenteuer teilhaben lässt.
    Bleibt gesund ihr beiden, geniesst die täglichen Überraschungen und Eure einmaligen Erlebnisse. Mit lieben Grüssen, Vreni und Ernst