Incredible India


Gemeinsam mit den Stahlpferdchen sind wir heil in New Dehli gelandet. Mittlerweile sind wir auch seelisch angekommen.

Feuchtklebrige Hitze kriecht in die Atmungsorgane, keine Sekunde vergeht in der die Poren nicht auf hochtouren arbeiten, die Kleider sind nach einer einzigen Bewegung in salzige Flüssigkeit getunkt und kleben lästig am Körper.

Hmm, ist das tropische Hitze? Aber wir sind doch noch gar nicht aus dem Flughafen raus...
...dann, kaum stehen wir vor dem Gate 6, wo angeblich unser Prepaid Taxi auf uns warten soll, da werden alle Sinne erst mal richtig durchgeschüttelt.

Ob sich ein Goldfisch aus einem klaren kühlen Wasserglas auch so fühlt, wenn er plötzlich ins Meer gespült wird?

Unsere Ohren sind vollgestopft mit aufdringlichen Huptönen in allen Variationen, die Augen überfüllt mit buntem Farbenspektakel, dass sich unberechenbar vor uns hin bewegt und die Nasen überquellen vor lauter definierbaren und unbekannten Gerüchen und widerlichem Gestank.

Herzlichen Glückwunsch! Wir sind in Indien!



Die Ankunft schmeckt aber schon etwas fad.


Ein Ziel mit eigener Muskelkraft zu erreichen, den Schweiss in den Augen und Salz auf den Lippen zu haben und die ausgelaugten Muskeln zu spüren, das fühlt sich alles viel besser an, als nach 3 Stunden Flug zerknittert in einer fremden Welt zu stehen.

Plötzlich hat Percy einen dürren Herr neben sich, der ihm hilft die Kisten zu schieben.
Schnell findet sich ein Taxi, klein aber mit Träger auf dem Dach, die Kisten werden auf's Dach gehievt und mit einer dünnen Kordel querverstrebt.

-Bei einer Vollbremsung wird mein schönes Rad einfach davonschliddern... sollten wir den Fahrer vielleicht doch darüber aufklären wie teurer unsere Fahrräder wirklich sind?-

Natürlich wollen die aufdringlichen Helfer Trinkgeld und der Taxifahrer noch extra Geld für das viele Gepäck... dummerweise hatten wir nur große Noten... und als wir anstalten machten, das Gepäck wieder vom Wagen zu nehmen, da fuhr er dann doch mit uns los.

Es tat uns echt leid,  wir hatten nicht mal mehr was zu Essen, dass wir den Helfern hätten geben können.


Jedenfalls erreichten wir unser Palace Hotel, dass sich Reihe an Reihe mit dutzend anderen Hotels aus der stinkenden Kloake stemmt.

Die Grösse des Zimmers war perfekt, so konnten wir komfortabel unsere Fahrräder zusammenbasteln.

 

Was für eine Erleichterung! Alles heil!

Alles scheint soweit wieder zu funktionieren. 

 

So gaben wir den Laufburschen ordentlich Trinkgeld in die Hände gedrückt und liessen unsere Stahlpferdchen wohlbehütet zurück.

 



...und wir sind im Schlemmerparadies...


Sonntag zur frühen Stund: Die Ruhe vor dem Verkehrssturm-
Sonntag zur frühen Stund: Die Ruhe vor dem Verkehrssturm-

Nun brauchen wir definitiv eine ordentliche Anklimatisierungszeit bevor wir uns wieder auf den Sattel schwingen und nach Nepal fahren. 

 

So entschlossen wir erneut die Rucksäcke zu packen und nach einer Citytour zumindest mal die Umgebung rund um Dehli zu Fuss und per Zug zu erkunden.

 

-Wir gedenken im Dezember (nach Nepal dann) wieder zurückzukommen, wollen da jedoch evtl. via Sikkim und Ostküste runter in den Süden bis Kerala. Ob mit oder ohne Fahrrad lassen wir uns noch offen.-

 

Wir genießen es ohne grosse Pläne unterwegs zu sein und lassen uns jeden Tag auf's Neue von anderen Ideen inspirieren... -grins-

 

Oh, wir werden es schwer haben wenn wir wieder in der Schweiz sind... mit all den Terminkalendern und Daten... den fixen Zeiten... dem ewig Vorausplanen...

 

 

Nachdem wir uns am Tag zuvor mit Zugtickets versorgt hatten, machten wir uns dann auf den Weg nach Agra, schließlich wollten wir uns den Taj Mahal dann doch nicht entgehen lassen.

 

Die Zugfahrt war gemütlich und amüsant. Wir saßen in einem Sechser-Abteil und vier Personen (inklusive uns) mussten sich auf eine Bank quetschen, während ein beleibter Kunststoffimporteur die andere Bank in Anspruch nahm...

Jedenfalls war ich glücklich über den Fensterplatz, doch durch die braune Staubschicht war nichts zu sehen. So erlaubte ich mir das Fenster so gut es ging vom Schmutz zu befreien, das fanden natürlich die Herren sehr komisch. (Pj: zumal Cécile kurz vor der Abfahrt nochmals mit dem Tuch in der Hand ausstieg und die Scheibe von aussen her putzte. Ich war dann froh, dass sie nur die Scheibe unseres Abteils säuberte und nicht gleich den ganzen Zug. ;) Ich war jedenfalls froh, dass sie es noch vor der Abfahrt  wieder ins Abteil rein schaffte.)

Aber zumindest konnte ich danach das flache, zugemüllte Indien bestaunen das an uns vorbeizog:

 

Hinter den Hauswänden zu den Gleisen hin, da türmte sich der Müll. Dort sassen die Kühe und stellten sich ihre Mahlzeiten zusammen, während die Kinder sich zum Spiel versammelten. 

 

Aber wir fuhren auch an Bohnen- und Zuckerrohrfeldern vorbei und an  brachliegendem Ackerland. Oft lagen da noch riesige Wasserlachen, angeblich die  Überbleibsel vom Monsun...

 

Von den Mitpassagieren liessen wir uns dann die indische Welt erklären, zumindest lernten wir den unverständlichen indisch-englischen Akzent sinnzusammenhängend zu interpretieren...

Ob wir wirklich das verstehen was gesagt wird?...

 

Irgendwann verzichteten wir dann auf die Fragen, denn die Antworten zu entschlüsseln war recht anstrengend.

 

...das Zeugnis einer Liebe...
...das Zeugnis einer Liebe...

Die ersten Eindrücke



Über die Fenster und ihre Unterkünfte...

Wir waren ja schon darauf gefasst dass wir uns mit anderen Hygienestandards abfinden müssen, doch als wir dann in unserem ersten Mittelklasse Hotel das Fenster erblickten, schauderte es uns gruuslig:


Hinter einem riesigen Fenster im Zimmer verbarg sich eine undurchsichtige Dunkelheit, man glaubte schon den Moder in der Nase zu riechen. Glücklicherweise waren die Fenster mit Stahlgitter versiegelt und liessen sich nicht öffnen... 

Ja, hier wurde tatsächlich platzsparend gebaut, doch das Fenster war echt überflüssig!


Bei den weiteren Absteigen machten wir ähnliche Erfahrungen, die Fenster blickten ins Dunkle, bzw. auf die gegenüberliegende Wand, eine Armlänge weit entfernt. Manche liessen sich dummerweise nicht schliessen und Gestank, Feuchtigkeit sowie Moskitos hatten freien Zugang.


Wenn sie uns dann "bessere" Zimmer zur Verfügung stellten, blieb jedoch das modrige Feuchtigkeitsproblem infolge fehlender Enfeuchtungsmöglichkeiten im Bad bestehen ...


Man befindet sich dann unfreiwillig in subtropischem Klima und wartet nur darauf, dass in der Nacht dann plötzlich der Aligator aus dem Morast hervorkriecht...


Über das herzerwärmende Lachen...

Nach Kazachstan ist es wie Honig im Herzen, wenn uns plötzlich weisse Zahnreihen entgegenblitzen und dunkle Augenkugeln uns warm entgegenfunkeln, man kriegt nicht genug davon!


Sobald sich die Augenpaare kreuzen wird unmittelbar ein Freudentanz auf den Lippen entfacht.


Wie 'ne hochansteckende Krankheit zieht das Lachen über's Gesicht und dem kann man sich nicht entziehen.


Auch zahnlose Münder, von deren Körper die Gliedmassen verstümmelt oder sogar verschwunden sind, lächeln, und die Augen strahlen, wenn man ihnen die Gelegenheit schenkt. 


Über die netten Leute auf der Straße...

Am ersten Tag in Dehli hatten wir kaum einen Schritt aus der Metro rausgemacht -ja, da gibt's 'ne nigelnagelneue, saubere Metro- da kam schon der erste, nette, junge Mann und plauderte mit uns:

Er sei auf dem Weg ins Starbucks und wollte hilfreich sein: er brachte uns zur Touristinformation, angeblich die einzige offizielle, die anderen seien "all fake"!

Gleichzeitg, er war angeblich Autohändler, empfahl er uns gleich eine Tour...

Nun gut, im Informationsbüro empfahl man uns alles andere als wir wollten, im Norden sei das Busfahren infolge "landslides" zu gefährlich und unser Vorhaben, die Grenze bei Banbasa zu passieren, zu unsicher...


Kaum zottelten wir danach über die Strasse, mit dem Ziel das indische Tor zu begutachten, kam der Nächste und wollte Smalltalk halten: Er warnte vor den Fake-Tourist-Offices...

Beim dritten netten Herr merkte dann auch ich endlich, dass diese sogenannten Schlepper einem gerne das Blaue vom Himmel erzählen.

Denn überall wo wir hinwollten, sei es "um diese Zeit" gerade geschlossen, oder viel zu teuer und sie könnten uns aber einen besseren Ort empfehlen... und führten uns dann immer zur einzigen offiziellen Touri Info, aber die befand sich seltsamerweise immer woanders... -ääähhhm-

Und da wir dann doch unseren Weg gingen, ungeachtet der Warnungen, durften wir feststellen, dass diese sogenannten Öffnungszeiten Hirngespinste sind.


Über zwängelnde Rikscha- und TukTuk-Fahrer

Für die geschäftigen Fahrer sind wir als "Läufer" echt 'ne Plage.

Aber ihre unermüdliche Ausdauer ist echt zum Verzweifeln! Seltsamerweise sprechen sie auch immer mich an (Pj: Mir fehlt dazu einfach auch die nötige Oberweite, ähhh Frisur): "Mam, where you go? Tuktuk very cheap!"


Und das wiederholen sie 5mal auch wenn man erst freundlich und dann aber ziemlich bestimmt ablehnt. Das ganze Prozedere ist sehr lästig, insbesondere wenn spätestens bei der nächsten Kreuzung das Spiel von neuem beginnt. 

Einfach ignorieren finde ich dann doch gar etwas ruppig, man kann es ihnen ja nicht übel nehmen, wenn sie übereifrig ihrem Geschäft nachgehen.


Doch ich habe festgestellt, dass die Meisten mit gutem Humor ausgestattet sind,  so belächeln sie zumindest unseren "Verdauungsspaziergang" oder "fitwalk" mit Geste auf den Ganzen und lassen gleich ab vom Fahrt- verkaufen.


Über's Drängeln

Wir Schweizer sind ja echt verwöhnt beim Schlange stehen und lernen schon von klein auf ganz genau, was eine Armlänge Abstand bedeutet und wie man sich anständig verhält.

Wer sich nicht daran hält, dessen Verhalten wird mit gerümpfter Nase quittiert.

Vielleicht ist es ein Phänomen unseres kleinen idyllischen Staates mit verhältnismässig niedriger Einwohnerzahl, denn hier, aber selbst auch in den ehemals sowjetischen Staaten, gilt diese einfache Regel nun wirklich nicht. 


Man quetscht sich vor,  selbst wenn jemand vor einem am Schalter steht, nach dem Motto: "de schneller isch de gschwinder". 

Was wir hier empört als "so frech" abstempeln, gilt hier wohl als übliches Survival-Training.



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Kommentare: 1
  • #1

    Eva Mam (Montag, 17 September 2018 20:31)

    Ufff,,,,euer Palace Hotel wäre glaub' nix für mich??
    Lieber das Palace in St. Moritz?

    Cecile, du schreibst wie Goethe, wunderbar!
    Die Foto sind herrlich!
    Bleibt gesund und glücklich.
    Eure Mam Eva
    und Dad Hansito