In Nepal angekommen!

Wir sitzen wieder im Sattel!

Nach über drei Wochen als Backpacker pedalen wir nun endlich wieder mit Herzblut weiter und freuen uns ab unserer Möglichkeit zur unabhängigen Fortbewegung -ach, wie haben wir es vermisst-!

Kein Preisfeilschen mehr, keine Tuktuk-Anmachen, keine netten "Buisnessmen" abwimmeln und keine Tickets mehr im Voraus buchen..., wir können einfach wieder entspannt unserer Nase nach fahren, völlig frei, mit voller Leidenschaft...
ähm... jo, abgesehen von den örtlichen "Verkehrsregeln" selbstverständlich, die alles andere als entspannend sind.

Hier fährt man ja links!
Das ist echt gewöhnungsbedürftig! Denn nun fahren wir richtig links-links, und überholt wird von rechts... naja, oft aber auch von links... womit ich schon einmal ins Unglück stürzte: Ein frecher Mopedfahrer, mit schlechter Einschätzung, hatte mich bei seinem übereifrigen Überholmanöver einfach über'n Haufen gefahren.

Ich lag da, mit schmerzendem Knie und Rücken, während der Fahrer sich bereits unter das andere Fahrvolk mischte und verschwand... glücklicherweise war es nichts Dramatisches, ein paar Schrammen, ein kleiner Schock und grosse Empörung....


Nachdem wir uns Indien mit dem Zug angenähert, sowie den Verkehr als Fußgänger in Augenschein genommen hatten, kamen wir zum Schluss, dass wohl der frühe Sonntagmorgen die beste Aufbruchzeit wäre, um den Kampf mit Delhi's Verkehr aufzunehmen.

So rüsteten wir uns und waren knapp vor Sonnenaufgang im Sattel. Zwischen etlichen Tuktuks, Rikschas und PWs (Delhi schläft leider nie...) pedalten wir auf dem Highway durch Delhi hindurch.
Was für 'ne riesen Überraschung als da eine Gruppe von fröhlichen Velorennfahrern an uns vorbeizischte!

Der Himmel blieb grau bedeckt, die perfekte Voraussetzung um mit kühlem Kopf durch den Verkehr zu heizen. Doch wir kamen nicht um's Schwitzen rum.
Am frühen Nachmittag, nach über 50 km legten wir 'ne lange Pause in einer teuren Absteige ein. Wie waren wir stolz, den Verkehrsjungle heil überstanden zu haben. Der Pamirhighway soll 'ne Herausforderung sein? Na derjenige, der das denkt, ist wohl noch nie in einer indischen Stadt Rad gefahren!

Dann, Abends, brachte ein Gewitter anhaltenden Regen, was wir eigentlich früher erwartet hatten. Wasser füllte die Strassen und am nächsten Morgen staunten wir nicht schlecht: Vor dem Hoteleingang lag 'ne tiefe Schlammpfütze. Was, wenn alle Strassen, auf denen wir fahren wollen, im Wasser ertrinken?

Während den ersten Kilometern preschten wir noch durch tiefe Wasserlachen und Schlammberge, doch alsbald lichtete sich der Verkehr, die Strassen funkelten beinahe wie neu und "smooth" glitten unsere Räder über den Asphalt, während die übrigen Verkehrsteilnehmer uns immer interessierter nachgafften.

Mit ernster Miene und konzentriertem Blick wurden wir "gescannt". Gottseidank brachte ein Zunicken oder ein Lächeln etwas Freude in die Gesichter.

Unser "Ich bring dich schon zum Lachen-Spiel" versüsste die Fahrt ungemein und brachte wieder etwas Licht ins düstere Kapitel Indiens, denn was wir riechen und sehen mussten, machte uns entsetzlich traurig.

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Keine 100 Kilometer von Delhi entfernt fühlten wir uns wieder wie Popstars im falschen Film:

Wenn wir kurz am Straßenrand pausierten, scharte sich gleich allerlei neugieriges Volk um uns. Mit manchen konnten wir Bruchstücke in Englisch austauschen, bei vielen Begegnungen ging es jedoch lediglich darum, mit Percy die Hand zu schütteln und ein Selfie mit uns zu machen.
Es hielten natürlich mehrheitlich Männer, bis auf das eine Mal, da stieg eine Frau vom Sozius und bettelte um Geld. Enttäuscht zog sie jedoch mit unserem leckeren Kichererbsensnack, den wir ihr feilboten, wieder ab.

Wir lernen uns an den kleinen Dingen zu erfreuen und üben uns in Gelassenheit, wenn wir zwischen grässlich hupenden Fahrzeugen stecken bleiben. Wir lassen los und übergeben uns dem Verkehrsfluss, irgendwie kommen wir stets heil an unsere Etappenziele.


Am Straßenrand oder mitten auf der Spur sitzen oder stehen Kühe und kauen an irgendwelchen Abfallresten rum, verwahrloste Kinder sammeln Plastik am Strassenrand, Hunde und Wildschweine streiten sich um die Beute auf dem Müllberg und ein Affenclan sitzt gleich neben der Fahrbahn und knabbert, vom Lärm völlig unbeeindruckt, an Bananenschalen.

Unsere Ohren sind Opfer von aufdringlichen Hupkonzerten und wir staunen über die Varietät der Töne:
Generell wird einfach mal auf die Tröte gedrückt um zu verdeutlichen: "Achtung ich komme!", dann gibt's den eindringlichen Apellton: "Zur Seite!!" Sowie 'ne Variation in verstimmtem C-Dur mit nervtötender Länge, was übersetzt wohl soviel heisst wie "du Arsch". Manche Busse haben richtig melodische Fanfaren in entsetzlich hoher Tonlage und finden es unglaublich lustig, die neben sich befindenden Fahrradfahrer damit zu malträtieren.


Wir sind begeistert über die riesigen Werbetafeln von Imbissbuden und Restaurants: Alle werben mit "Vegetarian meals". Wir schlemmen leckere Speisen und legen uns abends zufrieden mit prall gefüllten Bäuchen ins Bett und lassen uns von den Moskitos vernaschen...

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Seit wir uns freiwillig als "Strassenwild" dem indischen Verkehrsmonster zur Verfügung gestellte haben, sind wir schon mehrmals läppisch attackiert worden, doch erscheint es uns dennoch erwähnenswert: Einmal beim Spaziergang im "old town" von Agra wurde Percy, als er die Strasse passieren wollte, der Seitenspiegel eines vorbeifahrenden Mopeds in die Rippen gerammt, und einmal, während ernsthaften Tuktukverhandlungen am Strassenrand, fuhr mir ein Mopedfahrer einfach über den Fuß.

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Immerwiedermal steigt ein betörend süsser Duft in unsere Nase und die verführerisch bunten Frauen in den schönen Saris und Kurtis bezaubern ungemein.

Wir freuen uns stets über die wakelnden Köpfe und die funkelnd feurigen Augen und das strahlende Lachen.

Ich erinnere mich an eine indische Binsenweisheit die mir einst eine Primahrlehrerin in mein "Freundebuch" geschrieben hatte: "Das Lächeln das du aussendest kehrt zu dir zurück." -Wie wahr!-



Wir überquerten den mächtigen Ganges und erreichten danach alsbald die indische Grenze.

Kurz vorher deckten wir uns noch mit Äpfeln und Bananen ein und wurden Zeugen eines Mopedunfalls:
Ein Moped fuhr auf der holprigen Strasse und die Frau auf dem Sozius fiel dann urplötzlich vornüber, verletzte sich am Kopf und schürfte Ellbogen und Knie auf. Instiktmässig rannten wir hinzu um zu helfen, mit Desinfektionsspray und "Arnika-Kügeli" bewaffnet. Viel mehr konnten wir sowieso nicht ausrichten.
Ein später hinzugekommener Zuschauer wollte schon wissen ob wir schuld waren. -Der hoffte wohl auf ein paar extra Rupies für Schadenersatz.-

Die Damen auf dem Sozius sitzen ja immer vornehm seitwärts, manche Girls in Hosen sitzen "normal" (die Beine links und rechtseitig runterhängend) und natürlich wird kein Helm getragen. Solche Unfälle sind wohl kaum eine Seltenheit.


Netter indischer Abschied

Während wir bei einem Chai im 'Immigrationoffice' sassen und die Formalitäten erledigt wurden, klaute eine Horde Affen stinkfrech unsere Bananen, welche auf meinem Gepäckträger verstaut waren. So was! Mein Fahrrad hatten sie sogar umgestoßen.
Mit dem Bambusstock in der Hand bewachten wir dann einzeln unser "Habundgut", bis wir an den nepalesischen Grenzposten kamen.

Den hätten wir beinahe überfahren, so unscheinbar zwischen kleinen Shops hing ein winziges Schild "Immigration".
Doch alles ging erstaunlich flott: Ein Formular wurde ausgefüllt und mit hundert Dollar erkauften wir das dreimonatige Visum "on arrival".

So einfach geht das, keine Gepäckkontrollen, keine Gitter oder Eisentore, nett lächelnde Beamten und schwupps waren wir drin in Nepal.

Da waren wir erst mal richtig baff.
Wir haben unser Ziel erreicht: Nepal.

Wer hätte das gedacht? Zumindest ich erwägte es stets als unerreichbare Utopie.


Percy hielt sogleich nach einem Hügel Ausschau, um dann die Morgensonne begrüssen zu können, damit dann endlichmal "seine richtige Reise" beginnen könnte.
Doch vergebens, wir befinden uns noch im subtropischen Terai: leuchtend grüne Getreidefelder, Wasserbüffel und etliche Flüsse zeichnen das ebene Land.

Die Strassen werden ruhiger, wir begegnen vielen lokalen Fahrradfahrern und die Landschaft leuchtet im saftigen Grün.

Und was für 'ne freudige Erleichterung! Wir sehen Frauen am Steuer! Sogar Tuktukfahrerinnen gibt's und auf den Rädern sitzen anmutige Mädels! Sie passen wunderbar in das Landschaftsbild mit ihren bunten Kurtis, die edel im Wind wehen.

Etliche Schulen und Colleges säumen den Weg, sogar Montessori ist vertreten.

Die Menschen grüßen freundlich und wenn wir anhalten, um Pause zu machen, wird niemand unangenehm zudringlich.

Wir sehen viele Frauen bei harter Arbeit: Ältere Frauen tragen riesige Büsche auf ihrem Rücken, Futter für ihr Vieh zu Hause.
In den schönen Kleidern sitzen Frauen da und füllen Reissäcke mit Lehm, -vermutlich für den Bau traditioneller Lehmhütten- die sie wiederum auf Rücken oder Fahrrad weitertransportieren. Sogar die Kleinsten helfen mit. Die Last wird mit einem dicken Band, das um den Kopf herum getragen, stabilisiert.

An einem Morgen kommen uns dutzende von Mädchen entgegen, auf ihren Gepäckträgern türmen sich riesige Holzbündel. Einige Kilometer weiter entfernt sehen wir dann alle Dorfbewohner am Werk: Es wurden Bäume ausgerissen und nun sind alle da und sammeln das Holz das noch herumliegt. Auch hier müssen die Kleinsten mitanpacken. Auf den Rädern wird die Ausbeute nach Hause gefahren.

An den Straßen sehen wir moderne Häuser mit bunten Fassaden aber auch einfache Hütten aus Lehm und Schilfdächern. Auch hier fällt schnell ins Auge wer arm und wer reich ist...

***




Und nun sind wir schon einige Tage im Bardia National Park und näherten uns mal dem nepalischen "Wildlife",  in dem wir einen geführten Spaziergang durch das Parkterrain machten.


Während den Flussüberquerungen musste Percy bereits mit 8 Blutegeln Bekanntschaft schließen, sein Blut scheint für die wohl ein Leckerbissen zu sein.


Wir hatten Glück und durften drei verschiedenen Panzer-Nashörnern beim Baden zusehen,  ihr glaubt es nicht,  sie blubbern sogar aus dem Mund wie die kleinen Kinder!


Wir konnten auch drei Otter erspähen und verschiedene Rehsorten beobachten. 

Und dann kurz vor Sonnenuntergang war durch das Fernglas ein bengalischer Tiger zu sehen, der gemütlich hinter einem Grasbusch lag. 


Unser Guide war ganz aus dem Häuschen! 


Nach 10 Minuten Tigersuchen, erblicken und beobachten, während das Fernglas ringelum ging, (sechs Personen teilten sich ein Fernglas) kam plötzlich Leben in die flüsternde Zuschauertruppe: der Tiger hatte ein vorbeikommendes Reh reissen wollen, hat jedoch versagt und rannte in den Jungle davon. Wow! 


Und das kriegen wir life mit, ohne Bildschirm vor der Nase. 

Das ist schon eindrücklich!


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Heute gibt's also nochmals einen Chillday in der Hängematte und morgen ziehen wir los, um die Seen im mittleren Gebirge zu erkunden.  

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Kommentare: 3
  • #1

    Liselotte und Kurt Stockinger, Österreich (Mittwoch, 03 Oktober 2018 19:40)

    Der Weg ist das Ziel - und jetzt? Alles klar...……….? Sind die FRAGEN mehr geworden oder die ANTWORTEN?
    Das wäre interessant, von euch zu hören!!!

    Wir wünschen euch weiterhin nur das Beste und grüßen euch herzlichst

    Liselotte und Kurt

  • #2

    Martina (Donnerstag, 04 Oktober 2018 14:21)

    Wooooooow ihr zwei Vermisste((-;
    Isch immer ä riiise Gschenk vo eu z läsä und z ghöre dass äs eu guöt goht((-;
    Freu mi meeeega mit eu und bedank mi herzlich für eui spannende Reisebricht!
    Hebed eu wiiterhin fescht Sorg und gnüsseds won ihr nur chönd(-;
    Feschti Bäräumarmig,
    Martina

  • #3

    Stahlpfergypsy (Montag, 15 Oktober 2018 15:46)

    Es überrascht uis immer wieder, wer alles mitliest und freit euis riesig.
    Heb Dr Sorg u gnüsse, Riese knuddel