Zurück in Indien


Blick aus Herberge
Blick aus Herberge

Unterwegs in Indien

Jetzt sitzen wir gerade auf dem Dach unserer Herberge, die Sonne scheint, es geht ein sanfter Wind und es ist angenehm warm.

Während ich versuche die Eindrücke der letzten Wochen in Worte zu fassen, macht Percy lustige Übungen und Verrenkungen, um seine Verspannungen und den Hexenschuss loszuwerden.
-Noch hält er Yoga für unangebracht und er scheint sehr scheu, was fremde Masseure angeht-
Tja, nur leider gehen die Schmerzen nicht von alleine weg...
daher liegen auch weite Wanderungen nicht mehr drin und die Idee, ein Stück heimwärts zu laufen wird mal auf Eis gelegt.

Vorerst widmen wir uns also der körperlichen Gesundheit und Fitness und gehen die Dinge etwas ruhiger an.

Die Vögel zwitschern, die Baumblätter rauschen und von weiter Ferne dringen die Rufe von Marktverkäufern zu uns, das Gehupe von den Strassen kommt glücklicherweise nur gedämpft bei uns an.

Manchmal läutet eine Kirchenglocke, dann hören wir den Muezzin von der Moschee nebenan, dann wieder das helle Bimmeln eines Hindus beim Gebet.

Unglaublich, wie auf diesem Fleck Erde die unterschiedlichsten Religionen und Weltanschauungen auf engstem Raum zusammenkommen. Scheinbar ist es ein friedliches "nebeneinander Beten", vielleicht wünschen wir uns auch nur, dass hier "Toleranz" als praktischer Beweis dient.

Aber wir haben tatsächlich eine ruhige Ecke in Varanasi gefunden!
Nach Spaziergängen entlang der Ghats (Plätze am Ganges), den aufwühlenden Streifzügen durch die engen Hintergassen und den herausfordernden Slalomläufen durch vollgestopfte Strassen, genießen wir es, in diese kleine Oase zurückkehren zu können. Keine drei Nächte sind verstrichen, und schon fühlen wir uns fast wie zu Hause.

Die größte Herausforderung für uns ist es, bei dem Lärm, insbesondere den schrillen Überraschunswarnsignalen der hupenden Fahrzeuge, Gelassenheit zu bewahren.
Wir sind ja wirklich sehr anpassungsfähig geworden und gewöhnen uns an manch fremde Dinge, doch wir bezweifeln, dass wir mit dieser Art von Geräuschkullisse jemals fertig werden.

Somit üben wir uns weiterhin mit jedem Atemzug im "Loslassen", Ruhe bewahren und die schönen Dinge der Welt nicht aus den Augen zu verlieren.

Von hier blicken wir über eine kleine Tempelspitze auf die sanft gekräuselte Oberfläche des Ganges und auf eine lange, leere Sandbank am anderen Ufer.
Auf dem Sandplatz unter uns spielen junge Männer Kricket (Indiens Nationalsport).
Wir fühlen uns tatsächlich wohl hier, schlemmen leckere Köstlichkeiten und entdecken jeden Tag wieder einen neuen, anderen Blickwinkel auf die Welt und ihre Geschichten und "verdauen" die vielen Bilder und Impressionen.

Wenn wir nun den Menschen erzählen, dass wir mit dem Fahrrad bis nach Kathmandu fuhren, fühlt es sich sehr seltsam an. Es scheint als wäre die Reise schon lange her und sehr weit entfernt. Noch immer kann ich es kaum fassen, dass wir tatsächlich schon hier sind.
Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mich vergewissere, dass ich nicht am Träumen bin.

Obwohl wir uns mittlerweile mit dieser Art von Reisen angefreundet haben, freuen wir uns schon jetzt wieder in den Sattel zu sitzen.


Naja, zumindest ich, Percy ist ja noch mit seinen verspannten Muskeln beschäftigt...


Darjeeling city
Darjeeling city

Darjeeling

Wir wollten noch einmal aus der Ferne einen Blick auf die gewaltigen Riesen werfen und waren völlig überrascht, als bereits bei der Ankunft in Darjeeling der Klang des "Clocktowers" uns begrüßte und Kirchen majestätisch auf uns nieder schauten. Da war es also, das Erbe Englands.
Und seit einer gefühlten Ewigkeit sahen wir wiedereinmal Kirchen, wie seltsam!

Als wir dann durch die Strassen schlenderten, standen da geschmückte Tannen und bunte Lichter hingen an den grauen Fassaden.
Ach ja! Bald ist ja Weihnachten!
-Natürlich hat Coca Cola's Santa Clause auch hier seine Freunde gefunden.-


St. Pauls school
St. Pauls school

Während eines Streifzuges, um ein ruhiges, sonniges Plätzchen zum Lesen zu finden, fand uns ein pensionierter Herr, der einst der Gartenpfleger von der St. Pauls Schule war.
Er hielt es für seine Pflicht uns das Gelände zu zeigen (eigentlich für Touristen unzugänglich weil verboten. Dies stand zumindest auf dem grossen Schild, an dem uns der engagierte, alte Herr vorbeiführte).

So liefen wir neugierig dem ehemaligen Gärtner nach, der uns quer über den riesigen Schulhof führte.
Natürlich mussten wir noch den Schuldirektor begrüssen, der zufälligerweise auch auf dem Platz stand. Unsere Anwesenheit nahm er mit einem unbegeisterten Nicken zur Kenntnis.


Die Kirche mit der spektakulär grünen Wiese und den akkurat geschnittenen Sträuchern durften wir jedoch nur aus der Ferne betrachten.
Nach zehn Minuten standen wir dann auf einer Strasse außerhalb des Geländes.
Die Tour war nun wohl zu Ende.
Es wurde uns bestätigt, dass diese Strasse zum Hügel hoch führe, von wo aus man eine Aussicht haben könnte. Unser selbsternannter "Guide" verabschiedete sich und wir schauten ihm leicht irritiert nach.
Dann liefen wir den Hügel hoch in der Hoffnung auf ein Leseplätzchen in der Sonne. Leider war der ganze Hügel Militärgebiet und für uns der Zutritt verboten... so kehrten wir zurück auf unseren Weg, auf dem uns der pensionierte Gärtner zuvor verführt hatte.
Wir mussten auf einer engen Gasse zwischen kleinen Häuschen durchlaufen und wer stand da in einer Türöffnung? Ja natürlich! Der ehemalige St. Pauls Gärtner. Nun blickte er uns etwas irritiert nach, während wir nach erneuter Begrüßung und erneuter Bedankung weiterliefen.
So fanden wir dann einen schmuck gepflegten Garten mit Findlingen, die von der Sonne bestrahlt wurden und endlich auch ein schön ruhiges Leseplätzchen!

Irgendwann kam eine Gruppe von gut gelaunten Halbstarken vorbei. Sie grüssten freundlich und verschwanden irgendwo hinter einem Felsen, doch wir hörten ständig wie sie via Smartphone Lieder abspielten und dazu sangen. Süss nicht?

***

Plötzlich fällt uns auf, dass wir in letzter Zeit (auch in Nepal) sehr oft Menschen singen hören. Man hört wunderbare Stimmen von überall, während des ganzen Tages, es wird gesungen bei allen möglichen Tätigkeiten. Unglaublich bezaubernd!

Und natürlich singen insbesondere die Jungen gerne, jeder kennt natürlich die Lieder aus der Hitparade auswendig, man trägt gern das perfekte Haarstyling wie das Vorbild und wäre wohl auch gern so famos wie ein Popstar...


Blick von Pelling
Blick von Pelling

Sikkim

Nachdem wir uns die schriftliche Genehmigung für das Betreten von Sikkim organisiert hatten, konnten wir dann weiter nach Pelling fahren.

***

Die Bewilligung zu erhalten war eigentlich ganz leicht und kostete uns nichts ausser eine Stunde unserer Trödelzeit, doch blieb uns das ganze Verfahren etwas rätselhaft.

Denn wir mussten bei zwei verschiedenen Büros antraben, Passkopien sowie Passfotos abgeben und ein langes Formular ausfüllen. So viele Menschen waren an diesem Prozedere beteiligt, nur damit wir am Ende einen Stempel mehr im Pass hatten und uns für 15 Tage in der Region bewegen konnten. Na, das schafft natürlich wieder Arbeitsplätze!

Wiedereinmal mehr waren wir fasziniert von der indischen Bürokratie.

***

Leider mussten wir später feststellen, dass unser Besuch in Sikkim besser hätte vorbereitet sein müssen. Denn einige Gebiete erforderten erneut eine spezifische Bewilligung für Ausländer, welche am einfachsten in Gangtok zu erhalten gewesen wäre. Zusätzlich waren Wanderungen in die Höhenregionen nur in Begleitung eines Guides möglich.
Später erfuhren wir, dass diese Maßnahmen nicht nur ein gutes Buisness ermöglichen, sondern auch zum Schutz von naiven und unerfahrenen Wanderleuten dienen, weil einige dort oben verunglückt waren und gestorben sind.

Kurz bevor wir Sikkim verliessen, vernahmen wir, dass ein indischer Tourist auf dem Weg zum Kanchenjunga (8586m) gestorben sei und sein Guide sich daraufhin das Leben nahm. Die genauen Ursachen waren damals noch nicht bekannt.
Aber es ermahnte uns wieder einmal mehr, wie unberechenbar die Bergwelt doch sein kann.

Für die höheren Lagen war es uns mittlerweile sowieso zu kalt und viel Zeit hatten wir letztendlich auch nicht mehr.

Wanderung nach Yuksom
Wanderung nach Yuksom

So liefen wir im subtropischen Gelände von Pelling nach Kecheopalri und von dort am nächsten Tag nach Yuksom.
Dabei hatten wir uns öfters verirrt, bzw. nette Umwege gefunden. Einmal gerieten wir in einen Mandarinenhain, ein andermal fanden wir einen riesigen Felsen mit einer kleinen Höhle in der Nähe eines Wasserfalls, in der ein Altar mit einer kleinen Buddha Statue aufgebaut war.
Das freute uns natürlich sehr, doch mussten wir den beschwerlichen Weg wieder zurücklaufen und die Tage sind im Winter auch hier sehr kurz und die Beine werden nach vier Stunden wandern auch nicht vitaler... 

 der Muskelkater war natürlich vorprogrammiert... trotzdem stolperten wir mit innerer Begeisterung
durch Kardamonfelder, durch kleine Dörfer und an gerodeten Reisfeldern vorbei, überquerten heilige Bäche und staunten über das viele Grün um uns herum.

 


In dem friedlichen Dorf Yuksom blieben wir ein paar Tage um buddhistische Tempel zu besichtigen, die Stille zu genießen und unseren Muskelkater zu pflegen.

Wir trafen auf einige sympathische Menschen, lauschten ihren spannenden Geschichten und durften wiedermal reichlich dazulernen. 


Strassenkehrer
Strassenkehrer

Wir wunderten uns, dass wir zwischen diesen abgelegenen Dörfchen im Westen von Sikkim abschnittsweise auf praktisch neuen Strassen fahren und laufen konnten. 

 

-Der frische Teer wird hier per Lastwagen gebracht und mit einer Walze schön platt gemacht, anschließend mit Sand bestreut und später sind dann dürre, alte Männer zuständig, mit kleinen Handbesen, die Straße sauber zu wischen.-

 

Bald erfuhren wir dann auch des Rätsels Lösung, hier sind nämlich nicht die Chinesen am Werk,  sondern die Politiker,  bzw. der aktuelle "Tätschmeister" von Sikkim, der gerne weiterhin sein Amt ausführen möchte.

 

Man erklärte uns es seien bald (März/Mai) Wahlen und dieses Phänomen wiederhole sich immer am Ende einer Amtszeit. Dann werden nämlich die Wahlversprechen eingelöst, damit man dann wiedergewählt wird. 

 

Dies bedeutet aber keines Falls dass die  Strassen jeweils fertig gebaut werden! Sobald der Verantwortliche wiedergewählt sei, was natürlich wie immer so sein werde, denn dieser habe viel Geld und Einfluss und Menschen seien ja bekanntlich käuflich, werden die Maßnahmen wieder gestoppt.

Was angefangen ist wird so stehen gelassen wie es gerade ist und wird dann fünf Jahre später zur Neuwahl wieder weitergeführt.


Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Helene Panglao-Widmer (Sonntag, 17 März 2019 06:28)

    Na Ihr Beiden. Was Ihr da so erleben duerft ist schon gewaltig. Das wird Euch fuer immer eine gute Erfahrung sein. Viel was Ihr erlebt sehe ich jeden Tag in meinem neuen Heimatland.
    Bilder die Ihr geschossen habt sind mir nicht fremd. Ja an die Huperei in Indien konnte ich mich auch nicht gewohnen. Aber bei der Ankunft in Manila fanden Annette und ich wie ordentlich die Autos fahren und wie super sauber die Strassen sind und ueberhaupt hupt niehmand hier. Toll die Stille.